PPA-Markt unter Druck
Berlin (energate) - Der deutsche PPA-Markt ist im vergangenen Jahr deutlich abgekühlt: Zwar stieg die Zahl der Verträge leicht, das Volumen der Abschlüsse brach jedoch mit einem Minus von 44 Prozent regelrecht ein. Das geht aus einer Analyse der Deutschen Energieagentur (Dena) und der Marktforschungsgesellschaft Pexapark hervor. Hauptgründe für den Marktrückgang sind demnach die schwache Konjunktur, eine geringere Stromnachfrage, die immer häufiger auftretenden Negativpreise im Großhandel und unsichere Marktregeln. Wie der schwächelnde Markt wieder belebt werden kann, war Thema auf der 5. Jahreskonferenz der Marktoffensive Erneuerbare Energien, einem Projekt der Dena und der Industrie- und Handelskammer DIHK.
Auf dem Podium diskutierten die Bundestagsmitglieder Lars Rohwer (CDU/CSU) und Helmut Kleebank (SPD) über die Rahmenbedingungen für den Ausbau marktbasierter Geschäftsmodelle wie PPAs. Beide betonten die zentrale Rolle marktwirtschaftlicher Lösungen für die Energiewende, verwiesen aber zugleich auf bestehende Unsicherheiten. Kleebank machte den schwachen PPA-Markt an der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheit, geopolitischen Verwerfungen und fehlender politischer Orientierung in der zurückliegenden Legislaturperiode fest. "Das hat zu diesem Attentismus an sehr vielen Stellen geführt", sagte er. Rohwer verwies auf die wachsende Zahl negativer Strompreise - im ersten Halbjahr 2024 habe es 389 Stunden gegeben, 80 Prozent mehr als im Vorjahr. Das habe direkte Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von PPAs.
Nächste zwei Jahre entscheidend
Auf die Frage nach der Zukunft von PPAs bis 2030 zeigte sich Rohwer vorsichtig optimistisch, wieder das Niveau von 2023 erreichen zu können. Kleebank betonte, die entscheidenden Weichen müssten in den kommenden zwei Jahren gestellt werden, um langfristige Verlässlichkeit zu sichern.
Auf einem Fachpanel über den aktuellen Zustand des Marktes fielen die Einschätzungen deutlich aus: Der Markt stehe unter massivem Druck, auch wenn Deutschland weiterhin der zweitgrößte PPA-Markt Europas sei. Philip Meissner, Senior Originator von Engie Deutschland, verwies auf den Trend rückläufiger Strom- und Gaspreise. Dadurch sinke die Notwendigkeit für Industrieunternehmen, sich langfristig über PPAs abzusichern. Hinzu kämen Schwierigkeiten bei Genehmigungs- und Nachweispflichten sowie der Umgang mit negativen Strompreisen. "Je weniger Industrien eine Notwendigkeit sehen, sich langfristig einzudecken, desto schwieriger wird es, das abzusichern", erklärte er.
"Todesurteil" für viele PPA-Modelle
Kai Gent von der Mittelstandsinitiative EE-Industrie sprach noch drastischer von einem "Todesurteil" für viele PPA-Modelle. Mittelständische Unternehmen seien oft überfordert, langfristige Verträge abzuschließen. Als zentrale Hindernisse nannte er Unsicherheiten durch negative Preise, zu hohe Erzeugungskosten sowie unklare Perspektiven beim geplanten Industriestrompreis. Letzterer gilt als ein weiterer Hemmschuh für Stromlieferverträge. Solange Unternehmen nicht wissen, wie die Politik den angekündigten Industriestrompreis ausgestaltet, schließen sie keine langfristigen Lieferverträge ab. "Wir wollen, aber wir können nicht", brachte Gent die Lage aus Sicht des Mittelstands auf den Punkt. Langfristige PPAs seien unter den aktuellen Bedingungen nicht darstellbar, nur kurzfristige Einjahresverträge funktionierten.
Ein weiterer Schwerpunkt der Tagung lag auf der Diskussion um den Industriestrompreis und mögliche Bürokratieeffekte. Während Meissner vor falschen Anreizen und sinkender Liquidität am Markt warnte, zeigte sich Gent skeptisch gegenüber zusätzlichen Regulierungen. "Wir müssen wieder lernen, dem Wettbewerb zu vertrauen", forderte er.
Ohne Reform der Netzentgelte keine Langfrist-PPA
Auch die laufende Reform der Netzentgelte sorgte für Kritik. Mittelstandsvertreter Gent mahnte hier eine schnelle Klärung der künftigen Regulatorik an, da ansonsten über Jahre keine langfristigen PPAs abgeschlossen werden könnten. Als Lösungsansatz brachte er regionale Modelle ins Spiel, etwa Windparks mit direkter Versorgung lokaler Industrieunternehmen. Beim Preisniveau verwies Gent auf aktuelle Werte von etwa 80 Euro/MWh für zehnjährige Verträge, die für viele Industriebetriebe nicht attraktiv seien. Einigkeit herrschte darin, dass die Zukunft des EEG und mögliche Contracts for Difference entscheidend für den PPA-Markt sein werden. Gent warnte jedoch vor Fehlanreizen durch Höchstpreise und forderte mehr Dialog zwischen Industrie und Erneuerbaren.
Für die kommenden zwei Jahre fielen die Prognosen geteilt aus. Meissner zeigte sich verhalten optimistisch, dass sich die Lage bis 2030 verbessern könnte. Gent hingegen sah kurzfristig keine Entspannung: "Solange wir die ganzen Unsicherheiten haben, wird sich nichts ändern. Für die nächsten zwei Jahre ist das fatal."
Komplexe Risiken bei Finanzierung
In einer weiteren Diskussion wurde deutlich, dass auch Banken zur verhaltenen Marktentwicklung beitragen. Kreditgeber finanzierten PPA-basierte Projekte wegen komplexer Risiken nur zögerlich, während es EEG-Vorhaben deutlich leichter haben. Besonders kritisch bei der PPA-Finanzierung sind laut Ute Mann aus dem Fachbereich New Energies der Deutschen Kreditbank (DKB) Bonitätsrisiken, Marktpreisrisiken und vertragliche Unsicherheiten. Diese seien miteinander verknüpft. Mann erklärte, dass Banken jährlich die Bonität der Stromabnehmer prüfen müssen, was hohe regulatorische und prozessuale Anforderungen mit sich bringe.
Eine staatliche Garantie könnte laut Mann helfen, wenn sie zur Standardisierung beiträgt und nicht nur als reine Ausfallabsicherung dient. Auf der Veranstaltung hatte zuvor ein Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums in Aussicht gestellt, dass es eine Risikoabsicherung für PPAs durch die staatliche Förderbank KFW geben könnte. Dazu erklärte Mann, dass es auf die genaue Ausgestaltung des Instruments ankomme und dieses nicht zu einem bürokratischen Hindernis werden dürfe.
Fynn Kasbrink, Strategy & Policy Manager von Encavis, äußerte Bedenken, dass die Garantie primär zugunsten der Banken ausgestaltet werden könnte: "Ich fände das ziemlich schade als Erzeuger, weil ich natürlich in erster Linie sehen würde, dass mir die entgangenen Erlöse wieder zugutekommen und nicht unmittelbar der Bank." Mann forderte, dass die Garantie nicht nur im Ausfall greife, sondern auch bei drohender Beendigung des PPA. Eintrittsrechte müssten klar geregelt sein, ohne dass Banken selbst in die Verträge eintreten müssten. /mh