OLG Düsseldorf wird Bundesnetzagentur umfassender prüfen
Essen (energate) - Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf wird die Neuaufstellung des Regulierungsrahmens durch die Bundesnetzagentur intensiv prüfen. Dies kündigte Anne-Christin Frister, die Vorsitzende Richterin des 3. Kartellsenats, beim 24. Deutschen Energierechtstag an und sprach von einer möglichen Abkehr von einer eingeschränkten, materiellen Prüfung in Richtung einer "gerichtlichen Vollkontrolle". Bisher haben die Gerichte, vor allem die nächste Instanz hinter dem OLG, der Bundesgerichtshof (BGH), der Bundesnetzagentur (BNetzA) einen großen Ermessensspielraum eingeräumt. Das heißt, die Juristen tauchten inhaltlich nicht tief in ihre Entscheidungen ein, prominentes Beispiel sind die Verfahren zur Eigenkapitalverzinsung der Netzbetreiber. "Das kratzte an der Grenze zur Rechtsschutzverweigerung", kritisierte der Chefjustiziar des Konzerns EnBW, Bernd-Michael Zinow, im Fall des BGH.
OLG-Richterin Frister argumentierte bei der Tagung in Essen, dass die ab 2028 wegfallenden Verordnungen im Energiemarkt zur Anreizregulierung, Netzentgelten und Netzzugang ein Stück weit "kompensiert" werden müssten. Dies entscheide sie aber nicht allein, sondern gemeinsam mit dem gesamten Senat des OLG. Wie sich der Prozess beim BGH und womöglich bis zum Bundesverfassungsgericht auswirken werde, bleibe abzuwarten. Kristin Spiekermann von der Kanzlei Rosin Büdenbender teilte die Einschätzung von EnBW-Chefjustiziar Zinow, dass der Bundesgerichtshof seinen Prüfungsmaßstab dringend ändern müsse. "Bislang reicht die Letztentscheidungsbefugnis der Regulierungsbehörde so weit, dass sie Methoden auswählen darf, wenn sie nicht von vornherein ungeeignet sind." Somit gebe es in den mündlichen Verhandlungen kaum Chancen, mit anderen wissenschaftlichen Gutachten gegenzuhalten. Nach dem Wegfall der normativen Vorgaben stellt sich für die Juristin die Akzeptanzfrage für den Energiemarkt - es stellen sich aber auch verfassungsrechtliche Fragen.
Gerichtsverfahren sind absehbar
Dass die neuen Festlegungen, darunter RAMEN, StromNEF und GasNEF, alle vor Gericht ausgefochten werden, daran ließ die Podiumsdiskussion mit BNetzA-Vizepräsidentin Barbie Kornelia Haller keinen Zweifel. EnBW-Vertreter Zinow und Eon-Chefjustiziar Christoph Radke brachten dort die Sorge zum Ausdruck, dass der neue Regulierungsrahmen Investitionen verhindere. Große Kostenblöcke würden nicht mehr anerkannt, die dringend erforderlichen internationalen Investoren abgeschreckt. Haller hielt dagegen, dass zumindest die Stromnetzbetreiber im Regelverfahren nicht schlechter-, sondern bessergestellt würden. Auch schaue sie sich genügend Tätigkeitsabschlüsse der Netzbetreiber an. "Die Renditesituation und die Gewinnabführungen sind unterschiedlich, aber durchaus gut." Die Behörde müsse daher ein ausgewogenes System zwischen Netznutzer und Netzbetreiber finden. "Ich bin davon überzeugt, dass wir das machen als neutrale Beamte."
Auch das Argument der mangelnden Investoren ließ Haller nicht gelten. Denn das sei eben nicht nur ein Problem der Verzinsung, sondern der Volumina, die für den deutschen Netzausbau auf der Zeitachse gebraucht werden. "Darüber müssen wir auch reden." Der EnBW-Chefjustiziar widersprach, dass sich - "überspitzt ausgedrückt - Netzbetreiber kapitalistisch die Taschen voll machen". Sein Konzern werde in den nächsten Jahren 40 bis 50 Mrd. Euro in die Energiewende investieren - "deutlich mehr als wir Erträge aus dem Netzbereich erzielen". Zum Thema Gewinnabführung hielt er dagegen: Die Eigentümer hätten gerade 3,1 Mrd. Euro Eigenkapital aufgestockt, damit es möglich werde, die erforderlichen Gelder auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen. /mt