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Marktmacht von Kraftwerksbetreibern leicht gesunken

Bonn (energate) - RWE bleibt der mächtigste Stromerzeuger Deutschlands. Im Vergleich zum Vorjahresbericht hat sich die Marktmacht des Essener Konzerns jedoch etwas verringert, wie aus dem jüngsten Marktmachtbericht des Bundeskartellamts hervorgeht. So waren die Kraftwerke RWEs im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum in weniger Stunden für die Deckung der Stromnachfrage unverzichtbar. Im letzten Jahr bezeichnete das Kartellamt RWE noch als "klar über der Vermutungsschwelle für Marktbeherrschung". In dem aktuellen Beobachtungszeitraum zwischen Mai 2023 und April 2024 liege RWE demnach nicht mehr "klar über der Vermutungsschwelle", jedoch noch immer "nahe an dem Schwellenwert, ab dem eine marktbeherrschende Stellung vermutet wird", heißt es in dem Bericht.

 

Besondere Marktsituation ließ Marktmacht sinken

 

Auch die Werte der nächstgrößeren Anbieter Leag und EnBW sind laut der Analyse des Bundeskartellamts im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Diese augenscheinliche Verbesserung dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass "lediglich das außergewöhnliche Marktumfeld der Marktmacht entgegengewirkt" habe, wie Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt klarstellte. So sei das Marktumfeld im vergangenen Jahr von einer gesunkenen Stromnachfrage geprägt gewesen. Außerdem stiegen die Stromimporte im Zuge des Atomausstiegs und stillgelegte Kohlekraftwerke wurden als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine reaktiviert.

 

Berichtszeitraum wohl Einzelfall

 

Diese Maßnahmen führten dazu, dass die Marktmacht der führenden Erzeuger beschnitten wurde. "Wir gehen davon aus, dass die RWE-Kraftwerke seit Mai 2024 wieder häufiger unverzichtbar gewesen sind und sich dieser Trend fortsetzen dürfte", erklärte Mundt. Gründe dafür lägen in der verringerten inländischen Kraftwerkskapazität durch die Stilllegung reaktivierter Kraftwerke. Zudem erwartet das Bundeskartellamt eine Wiederbelebung der Konjunktur und damit eine steigende Stromnachfrage. Auch die Rolle von Stromimporten könne nicht zuverlässig vorhergesagt werden, da diese Kapazitäten nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen.

 

RWE kann Knappheiten systematisch vorhersehen

 

Wichtig für den Wettbewerb ist auch die Frage, inwieweit ein Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung ausnutzen kann, um Preise in die Höhe zu treiben. Dafür muss ein Unternehmen die Zeiträume, in denen die eigenen Kraftwerke für die Stromerzeugung unverzichtbar sind, genau vorhersehen können. Die Analyse des Bundeskartellamts zeigt, dass RWE systematisch vorhersehen könne, wann die Kraftwerke zur Deckung der Nachfrage unverzichtbar seien. "Das von uns festgestellte Ausmaß der Unverzichtbarkeit und ihre systematische Vorhersehbarkeit deuten darauf hin, dass RWE das kartellrechtliche Missbrauchsverbot beachten muss", stellte Mundt klar. So heißt es in dem Bericht, dass sich eine "starke Korrelation" pivotaler Zeiträume mit den in der zeitlichen Marktabgrenzung identifizierten saisonalen Effekten und Wetterbedingungen "als wichtige Ursache fluktuierender Wettbewerbsbedingungen im Stromerstabsatzmarkt" erkennen lasse.

 

EnBW bleibt bei Regelenergie marktbeherrschend

 

Das Bundeskartellamt hat wie in den vergangenen Analysen erneut die Marktmachtverhältnisse im Bereich der Regelenergie analysiert. Demnach kommt das Bundeskartellamt zu dem Urteil, dass in den Bereichen Sekundär- und Minutenreserve "ein hervorstechender Anteil der EnBW an der Vorhaltung positiver Sekundärregelleistung eine marktbeherrschende Stellung naheliegend erscheinen" lassen würde. Dies sei jedoch noch ein "Einzelfall" und unter Einbeziehung "weiterer Faktoren" zu prüfen.

 

Erneuerbaren-Anlagen spielen keine Rolle

 

Ausgangspunkt der Analyse ist die Annahme, dass zur Bestimmung der Marktmacht eines Anbieters bei der Stromerzeugung nicht die Marktanteile aussagekräftig sind. Stattdessen sei ausschlaggebend, ob und inwieweit ein Anbieter für die Deckung des Strombedarfs unverzichtbar ist. Die Marktmacht von Stromanbietern hängt somit davon ab, in wie vielen Stunden im Jahr ihre Kraftwerke zwingend notwendig sind. Aus diesem Grund spielen auch Erneuerbare-Energien-Anlagen bei der Betrachtung von Marktmacht keine Rolle. Denn die Deckungsnachfrage wird erst dann relevant, wenn Strom aus Wind und Solar nur sehr gering vorhanden sind. Die "Dunkelflaute" am 6. November mit Preisspitzen von über 800 Euro/MWh im kurzfristigen Handel ist ein Beispiel für die Marktmacht der Betreiber konventioneller Anlagen.

 

Generell kann das Bundeskartellamt mit dem Marktmachtbericht keine förmliche Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung treffen. Stattdessen ermöglicht der Bericht den Unternehmen eine Einschätzung ihrer Marktposition. Eine rechtliche Bindungswirkung hat der Marktmachtbericht nicht. Mit ihm ist daher auch nicht die Feststellung verbunden, ob ein bestimmtes Unternehmen über eine marktbeherrschende Stellung verfügt. /rh

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