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Infrastrukturfonds wird Amprion-Gesellschafter

Dortmund/Wiesbaden (energate) - Deutschlands zweitgrößter Übertragungsnetzbetreiber hat einen neuen Mitgesellschafter. Ein Infrastrukturfonds des Düsseldorfer Vermögensverwalters Commerz Real hält seit Neuestem 4,5 Prozent aller Anteile von Amprion. Dazu kaufte sich der Fonds der Commerzbank-Tochtergesellschaft in das Investorenkonsortium M31 ein, teilte Commerz Real mit. Darüber, wie viel Geld der neue Mitgesellschafter für die Amprion-Beteiligung in die Hand genommen hat, sei Stillschweigen vereinbart, hieß es.

 

M31 ist Mehrheitsgesellschafter von Amprion. Das Konsortium aus Versicherungskonzernen und Pensionsfonds war 2011 von Commerz Real im Kundenauftrag ins Leben gerufen worden, um 74,9 Prozent aller Anteile an dem Dortmunder Netzbetreiber vom damaligen Alleineigner RWE zu kaufen - für "rund 700 Mio. Euro", wie es damals hieß. Heute wird M31 im Auftrag der Gesellschafter von dem Düsseldorfer Finanzdienstleister M3One geführt. Gut zehn Jahre lang hatte Commerz Real dieses Mandat. RWE ist bis heute mit einer Sperrminorität von 25,1 Prozent als größter einzelner Ankergesellschafter an Bord geblieben. Gemessen daran, dass diese Beteiligung aktuell mit einem Buchwert von rund 1,3 Mrd. Euro in der Bilanz des Essener Konzerns steht, dürfte für den Einstieg des Commerz-Real-Fonds "Klimavest" bei Amprion ein Betrag in dreistelliger Millionenhöhe fällig geworden sein.

 

Verkäufer ist der M31-Mitgesellschafter Ärztliche Beteiligungsgesellschaft (AEBG), ein Konsortium von fünf Versorgungswerken unter Führung der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe. Die AEBG veräußerte 6 Prozent aller M31-Anteile an den Fonds, bleibt aber dennoch Teil von M31. Dass der Commerz-Real-Fonds damit als Abnehmer "nur" 4,5 Prozent aller Amprion-Anteile bekommt, liegt an der Gesellschafterstruktur bei Amprion. Schließlich hält M31 insgesamt knapp drei Viertel aller Anteile von Amprion. Ohnedies gab es in der jüngsten Vergangenheit einige Bewegungen im Gesellschafterkreis von Amprion. So hatte die von Evonik getragene Pensionskasse Degussa ihren 2,1-prozentigen Amprion-Anteil Mitte 2024 an einen Versicherer der Sparkassen-Finanzgruppe weitergereicht.

 

Ausstieg von RWE als Amprion-Gesellschafter steht im Raum

 

Die aktuelle Transaktion des Commerz-Real-Fonds ist aus mehrerlei Sicht spannend. Sie kommt zu einer Zeit, in der RWE selbst erwägt, seine 25,1-prozentige Beteiligung zu verkaufen. Die Essener äußern sich zwar öffentlich nicht zu der seit Monaten laufenden strategischen Überprüfung ihrer Amprion-Beteiligung. Dem Vernehmen nach soll der Konzern allerdings bereits Angebote entgegennehmen. Hintergrund der Ausstiegserwägung von RWE ist der absehbar riesige Kapitalbedarf von Amprion. Der Netzbetreiber plant im Zuge der Energiewende bis 2029 mit einem Investitionsbudget von rund 34 Mrd. Euro, wobei 5,4 Mrd. Euro davon noch im laufenden Jahr in den Netzausbau fließen sollen. Um das stemmen zu können, ist Amprion auf Eigenkapitalzuschüsse seiner Eigner angewiesen. Erst Ende 2024 hatten diese 850 Mio. Euro beigesteuert und die nächste Kapitalerhöhung, die laut Amprion-Finanzvorstand Peter Rüth "signifikant höher" ausfallen soll, ist bereits schriftlich vereinbart.

 

Der Einstieg des Infrastrukturfonds bei Amprion kurz vor einer vereinbarten Kapitalerhöhung wirkt wie ein Beleg dafür, dass es trotz des großen Kapitalbedarfs einen Markt für die mögliche RWE-Transaktion gibt. M&A-Experten zufolge spielt bei der Attraktivität einer Amprion-Beteiligung auch das unlängst beschlossene 500 Mrd. Euro schwere Sondervermögen des Bundes eine Rolle, weil es zum Teil dem Netzausbau zugutekommen könnte. Commerz Real selbst hebt anlässlich der Beteiligung des Fonds zwei Dinge hervor: Zum einen werde der Netzausbau in Deutschland in den kommenden Jahren "massiv vorangetrieben". Zum anderen handle es sich aus Anlegersicht um eine "hoch regulierte Assetklasse, die Investoren eine stabile Verzinsung auf das gebundene Kapital bietet" - sprich kontinuierliche Erträge bei verhältnismäßig niedrigem Risiko.

 

Fonds macht Übertragungsnetze Kleinanlegern zugänglich

 

Spannend ist der Einstieg des Fonds auch, weil dieser sich damit breiter aufstellt und das Thema Übertragungsnetze für private Kleinanleger öffnet. Klimavest sei der erste sogenannte Publikumsfonds, über den Privatanleger in den Netzausbau investieren können. Bislang nämlich sind in diesem Bereich vor allem institutionelle Großanleger wie eben Versicherungen, Pensionsfonds oder auch Private-Equity-Gesellschaften unterwegs. Bisher war der Fonds auf die Assetklassen Windkraft und PV fokussiert. Dazu hatte der 2020 aufgelegte Fonds mit einem Volumen von 1,5 Mrd. Euro in der Vergangenheit unter anderem Onshore-Windparks von der EnBW übernommen und auch größere Agri-PV-Anlagen auf den Weg gebracht. Aktuell verfügt der Fonds laut den Initiatoren über 44 Wind- und Solarparks, die entweder bereits in Betrieb oder in der Entwicklung sind. Investiert haben laut Commerz Real mehr als 10.000 Anleger. Diesen stellt der Vermögensverwalter eine jährliche Zinsrendite von bis zu 4,5 Prozent in Aussicht. /pa

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