Zum InhaltZum Cookiehinweis

RSS Feed

Füllstandsvorgaben sorgen für Gasspeichermisere

Essen (energate) - Die Lage im Gasspeichermarkt ist angespannt, Auktionen ganz ohne oder nur mit wenigen Bietern mehren sich. Deutschlands größter Gasspeicher Rehden (Niedersachsen) liegt bei nur neun Prozent Füllstand und die bayerischen Gasspeicher sind teils meilenweit entfernt vom 80-Prozent-Ziel, das die Versorgungssicherheit im Süden absichern soll. "Auch wenn sich die Sommer-Winter-Spreads zuletzt etwas erholt haben, reichen sie weiterhin kaum aus, um die Kosten für Speicherentgelte, variable Betriebskosten und Netzentgelte zu decken", erläuterte Doug Waters, Managing Director von Uniper Energy Storage, gegenüber energate. Unipers bayerischer Speicher Breitbrunn steht aktuell erst bei 46 Prozent, somit fehlen noch 34 Prozent. Zum Vergleich: Bundesweit sind die deutschen Gasspeicher im Durchschnitt zu 59 Prozent gefüllt. Waters macht dafür "strukturelle Schwächen" des Marktes verantwortlich, eine Einschätzung, die auch Daniel Mercer vom Berliner Speicherbetreiber Storengy im Gastkommentar teilt.

 

Die Nutzung von Gasspeichern lohnt sich nur, wenn die Händler im Sommer Erdgas günstiger kaufen können, dieses einspeichern und im Winter dann zu höheren Preisen wieder verkaufen können. Der Preisabstand ("Spread") hatte sich aber vom Oktober 2024 bis ins Frühjahr 2025 hinein umgedreht, sodass Händler Verluste befürchten mussten. Das Problem verschärft sich durch die im Frühjahr 2022 eingeführten Füllstandsvorgaben, mit denen der Gesetzgeber auf Versorgungsprobleme in der Gaskrise reagiert hatte. Das Bundeswirtschaftsministerium senkte zwar die Ansprüche für den 1. November dieses Jahres von früher 90 Prozent auf jetzt durchschnittlich 70 Prozent ab. Für die meisten Speicher gelten 80 Prozent, die langsam befüllbaren Porenspeicher - darunter Rehden - müssen allerdings "nur" 45 Prozent schaffen. Die "Ironie", so der Storengy-Geschäftsführer: Eine gut gemeinte Regulierung zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit führe jetzt zur Marktverzerrung. Denn bei Marktakteuren werde die Erwartung genährt, der Staat werde im Zweifel einspringen. 

 

Wirtschaftsministerin Reiche will Eingriffe von THE verhindern

 

Werden die Füllstandsvorgaben nicht erfüllt, springt theoretisch der Gasmarktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe (THE) ein. Dieser hatte in Krisenzeiten im Staatsauftrag die Speicher zu sehr hohen Kosten befüllt. Ergebnis war die teure Gasspeicherumlage, die Berlin jetzt erstaunlicherweise mithilfe des Klima- und Transformationsfonds abschaffen will. Am 1. Juli hob Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zudem die Alarmstufe im Notfallplan Gas auf und betonte bei der Pressekonferenz, dass die Befüllung von Rehden durch THE schlicht "unwirtschaftlich" sei. Die Auflösung der spiegelverkehrten Spreads reiche als Anreiz für den Markt aus. Eine Aussage, die Kopfschütteln in der Branche auslöst. "Diese Entscheidung stammt sicherlich aus der Überlegung, dem Staat erst einmal Geld zu sparen. Versorgungssicherheitsaspekte sind dabei offensichtlich nachrangig", sagte ein Manager eines Speicherbetreibers zu energate, der anonym bleiben will. Betroffen seien im Fall eines Falles vor allem süddeutsche Industrie- und Gewerbekunden, die als Erste in einem Kaltwinter abgeschaltet würden.

 

Reformen sind erforderlich

 

Wie schafft es Deutschland aus seinem Speicherdilemma heraus? Für Daniel Mercer von Storengy gibt es gleich mehrere Ansätze: klare Aussagen zur Rolle des Staates bei der Speicherbefüllung und eine Überprüfung der Füllstandsvorgaben. Auch der Speicherbetreiber, der nicht genannt werden will, sieht das so: "Im Krisenjahr hatte die Vorgabe Wirkung gezeigt. Langfristig passt das System nicht." 

 

Mercer bringt zudem den Aufbau einer strategischen Gasreserve auf Basis transparenter Regeln ins Gespräch und eine offene Debatte über marktbasierte Instrumente zur Versorgungssicherheit. Der anonyme Speicherbetreiber wird hier nochmals deutlicher. "Die Aufgabe, die Gewährleistung von Versorgungssicherheit klar, konsequent und funktionsfähig zu regeln, wird wie eine heiße Kartoffel hin und her geschoben", klagte er. Sollte es zu Versorgungsengpässen kommen, sei davon auszugehen, dass die Schuld der Energiewirtschaft gegeben wird, anstatt die wahren politischen Versäumnisse zu benennen. Security-of-Supply sei eben keine Aufgabe, die der Markt aus sich heraus löse und koste wie jede andere (Pflicht-)Versicherung Geld.

 

Marktbeobachter werden diesen Sommer mit Spannung auf die Füllstände und die nächsten Gasspeicherauktionen blicken. Ob das Bundeswirtschaftsministerium bei seiner Einstellung bleiben kann, THE nicht mit einer Gasspeicherbefüllung zu beauftragen, wird sich zeigen. Der Storengy-Geschäftsführer fordert indes schnelle Reformen. Ansonsten könnte es zu einem schleichenden Rückzug kommen, zunächst durch kleinere Speicherbetreiber oder weniger flexible Standorte, mittelfristig aber auch durch größere und systemrelevante Anlagen. Auch der Geschäftsführer von Uniper Energy Storage stimmt in die Warnung ein: "Um die Versorgungssicherheit langfristig abzusichern und Speicherschließungen zu vermeiden, müssen strukturelle Schwächen im Gasspeichermarkt behoben werden", sagte Waters. /mt

Zurück