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Fragezeichen beim Abschied vom nationalen Emissionshandel

Berlin (energate) - Der nationale Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Verkehr ist inzwischen drei Jahre alt und wird 2027 durch ein europäisches Handelssystem abgelöst. "In der Folge könnten die Preise dreistellig werden", sagte der Leiter der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt), Jürgen Landgrebe, im Interview mit energate. Startschwierigkeiten, wie bei der Einführung des Emissionshandels für die Energiewirtschaft und energieintensive Industrie mit jahrelang wirkungslosen Preisen von nur fünf Euro pro Zertifikat, befürchtet er nicht. "Ich glaube nicht, dass sich dies bei dem ETS 2 wiederholen wird", sagte Landgrebe. Er argumentiert mit den inzwischen verschärften Klimazielen der EU sowie dem dringenden Handlungsbedarf in den Sektoren Gebäude und Verkehr mit hohen CO2-Vermeidungskosten.

 

Sicherheitsmechanismus könnte Preise dämpfen

 

Seinen Optimismus teilen allerdings nicht alle. "Mit Blick auf hohe zwei- oder gar dreistellige Preise im Jahr 2027 bin ich skeptisch. Man darf nicht vergessen, dass der EU-ETS 2 in vielen Ländern kein nationales System ablöst, sondern Brennstoffe dort erstmalig mit einem CO2-Preis versehen werden", sagte Philipp Heilmann, Head of Business Development von Emissionshändler.com.

 

Die Einigung, dass Emissionen für den Betrieb der Gas- und Ölheizung und den Verbrenner im Straßenverkehr EU-weit einen Preis erhalten, war schon ein politischer Kraftakt. Für die ersten zwei Jahre bis 2029 ist daher eine Art Rückversicherung ("Marktstabilitätsmechanismus") verhandelt worden, wenn auch keine starre Preisobergrenze. Steigt der Preis im EU-ETS 2 über 45 Euro/t, werden automatisch zusätzliche Zertifikate ausgeschüttet. "Ich sehe also durchaus die Gefahr, dass Deutschland erstmal durch den Wechsel vom nEHS in den EU-ETS 2 Staatseinnahmen aus dem Emissionshandel einbüßen wird", erläuterte Emissionshändler Heilmann im Gespräch mit energate.

 

Zur finanziellen Einordnung: Im Jahr 2023 spülte der nEHS - auch wegen eines Sondereffektes - knapp 11 Mrd. Euro in die Kasse des notleidenden Klima- und Transformationsfonds. Ein Teil des Geldes soll an die Bürgerinnen und Bürger in Form des Klimageldes rückerstattet werden, nach Aussage des deutschen Finanzministers Christian Lindner (FDP) aber wahrscheinlich erst in der nächsten Legislaturperiode. "In Zeiten der Demokratieverdrossenheit ist es extrem wichtig, diesen Schritt zu vollziehen", appellierte Landgrebe nochmals, der sich wie auch das gesamte Umweltbundesamt zwar für hohe CO2-Preise einsetzt, aber nur mit sozialer Flankierung.

 

Festpreis statt kurze Handelsphase

 

Deutschland führte den nEHS im Jahr 2021 mit einem eher niedrigen Startpreis von 25 Euro pro Tonne CO2 ein. Ein richtiger Handel ist es allerdings nicht, die Börse EEX verkauft in den Jahren 2021 bis 2025 die Zertifikate zu einem Festpreis. 2022 und 2023 mussten die Käufer - unter den Top Ten insbesondere Mineralölhändler, Raffinerien, aber auch der Energiekonzern Eon - bisher 30 Euro zahlen. Die geplante Preiserhöhung auf 35 Euro fiel wegen der Energiekrise aus. Seit Beginn dieses Jahres sind 45 Euro fällig, 2025 nochmals zehn Euro mehr. Ab 2026 soll der Fixpreis in Deutschland erstmals von einem "Handel light" abgelöst werden, im Rahmen eines Preiskorridors von 55 bis 65 Euro und ohne Mengenbegrenzung, die erst auf EU-Ebene greifen wird.

 

Der DEHSt-Leiter Landgrebe hinterfragt allerdings, ob sich der Aufwand mit Blick auf den Wechsel ins europäische System bereits ein Jahr später noch lohnt. Mindestens ein Jahr braucht die Behörde, um die nötigen Vorbereitungen für die Auktion zu treffen - unter anderem die europaweite Ausschreibung für die Handelsplattform. Der Auftrag der EEX über die Festpreisphase läuft Ende 2025 aus. "Für uns wäre es vorstellbar, dass der Gesetzgeber darüber nachdenkt, für das eine Jahr noch mit einem höheren Festpreis zu arbeiten", sagte Landgrebe zu energate.

 

Emissionshändler Heilmann plädiert dafür, den Aufwand beim Wechsel von einem ins andere System möglichst klein zu halten für die Marktteilnehmer. Beim Emissionsbericht, den die Unternehmen einmal für den deutschen und künftig zur Vorbereitung des EU-Handels einreichen müssen, fangen die Probleme seiner Meinung nach schon an. Hier müsse die Emissionshandelsstelle ihren Einfluss geltend machen, um eine "administrative Überlastung" zu verhindern. Landgrebe versicherte, dass seine Behörde schon aus eigenem Interesse das dringende Bedürfnis habe, einen "gleitenden Übergang ohne Überlappungen" zu organisieren. /mt

 

Das vollständige Interview lesen Sie im heutigen Add-on Gas & Wärme.

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