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Erstes H2 via Pipeline von Österreich nach Deutschland

Pilsbach/Wasserburg am Inn (energate) - Einem deutsch-österreichischen Konsortium ist zum ersten Mal eine grenzüberschreitende Lieferung von grünem Wasserstoff via Pipeline gelungen. Auf österreichischer Seite beteiligt sich an dem Projekt der Speicherbetreiber RAG Austria, auf deutscher Bayernets, Bayerngas und Shell Energy Deutschland. Mit dem bayerischen Lebensmittelhersteller Meggle ist auch ein industrieller Abnehmer des Energieträgers an Bord.

 

In Zukunft wollen die Partner im Rahmen des Pilotprojekts "H2 Cross Border" 100.000 Kubikmeter pro Jahr von Wasserstoff-Speichern in Österreich in benachbarte Regionen in Süddeutschland liefern. Die jetzt erfolgte erste Lieferung habe 30.000 Kubikmeter umfasst, erklärte RAG Austria gegenüber energate.

 

Speicher in Pilsbach als Ausgangspunkt

 

Ausgangspunkt des Transports ist Pilsbach, ein Ort unweit der bayerischen Grenze. Hier erzeugt RAG Austria seit einem knappen Jahrzehnt grünen Wasserstoff. Die Produktion hat sich das Unternehmen vom deutschen Tüv Süd zertifizieren lassen. Zudem betreibt der Konzern im benachbarten Rubensdorf den weltweit ersten geologischen Wasserstoffspeicher, der über ein Arbeitsgasvolumen von 1,2 Mio. Kubikmetern verfügt.

 

Im Rahmen des Projekts "H2 Cross Border" pumpte RAG Austria nun den Energieträger aus ihrem Speicher in Pilsbach und mischte das Gas dem regionalen Gasnetz bei. Eine solche Beimischung ist aktuell zu einem Anteil von zwei bis vier Prozent erlaubt und technisch möglich.

 

Meggle wiederum hat in Wasserburg am Inn dieselbe Menge des Gases aus dem Gasnetz entnommen. Beide Standorte liegen etwa 130 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt, das Gasnetz zwischen Oberösterreich und Deutschland ist mit den Leitungen WAG und Penta West gut ausgebaut.

 

Zertifizierung im Mittelpunkt des Pilotprojekts

 

Im Mittelpunkt des Projekts steht jedoch nicht der Transport, sondern etwas anderes: Zu veranschaulichen, wie eine Zertifizierung hinter grenzüberschreitenden Lieferungen mit Wasserstoff aussehen könnte. Ziel sei die Darstellung einer grenzüberschreitenden und saisonalen Nutzung von Wasserstoff, so RAG-Austria-Konzernchef Markus Mitteregger anlässlich der Gründung des Konsortiums. Das Projekt wolle Erzeugung und Verbrauch vernetzen, erklärte dazu Bayernets-Geschäftsführer Matthias Jenn.

 

In Deutschland fehlt bisher eine entsprechende Datenbank. Die neue Herkunftsnachweisregister-Verordnung für Gas, Wasserstoff, Wärme und Kälte ist am 1. Mai 2024 in Kraft getreten. Mit dem Aufbau des Registers wurde das deutsche Umweltbundesamt beauftragt, das nach eigenen Angaben damit rechnet, dass die Inbetriebnahme 2026 erfolgen kann. Lange umstritten war, ob die Verordnung überhaupt zulässt, für aus dem Gasnetz entnommene Gasmengen Wasserstoffzertifikate zu entwerten. Das soll laut der im Bundestagsverfahren ergänzten Verordnungsbegründung aber grundsätzlich möglich sein, betont die Anwaltskanzlei Becker Büttner Held (BBH) in ihrem Blog.

 

Branche in Deutschland mahnt zur Eile

 

Für Oliver Weinmann, Präsident des Deutschen Wasserstoff-Verbands (DWV) macht das Projekt deutlich, wie wichtig die schnelle Ausgestaltung eines Herkunftsnachweissystems ist. "In der Verordnung über das Herkunftsnachweisregister für Gas, Wärme oder Kälte muss die bilanzielle Anrechnung von Wasserstoff beim Bezug über Beimischung in Gasverteilnetzen über ein Book & Claim-System sichergestellt werden", sagte Weinmann auf Anfrage. Der DWV habe kürzlich einen Appell an die Bundesregierung gerichtet, um auf die dringende Umsetzung eines Zertifizierungssystems aufmerksam zu machen. "Wir setzen als DWV auf europäische Kooperationen für den Import von Wasserstoff. Es handelt sich um eine große Chance für die europäische Energieversorgung."

 

Für die Brancheninitiative Zukunft Gas ist "H2 Cross Border" ein wichtiger Meilenstein für den europäischen Wasserstoffmarkt. "Es zeigt, dass eben nicht nur die technischen Hürden genommen, sondern auch die regulatorischen Grenzen überwunden werden müssen, um den Wasserstoffhochlauf in Europa zu gewährleisten", kommentierte Zukunft-Gas-Vorstand Timm Kehler auf Nachfrage von energate. Er plädiert für eine zügige Einführung eines EU-kompatiblen Registers für Wasserstoffzertifikate. "Denn einheitliche Herkunftsnachweise sind ein wesentliches Element, um den Handel zwischen Wasserstoffproduzenten und -abnehmern europaweit zu ermöglichen", so Kehler.

 

Österreich hat schon eine Registerbank - derzeit zwei Mitglieder

 

In Österreich ist unter Verantwortung des Regulators E-Control sowohl ein Biomethanregister als auch eine Herkunftsnachweisdatenbank für Wasserstoff bereits in Betrieb. Allerdings umfasst diese Datenbank die Anlagen von lediglich zwei Unternehmen: RAG Austria und Meggle. Der Handel funktioniere ähnlich wie die Geldbewegung zwischen Bankkonten, erläuterten die Beteiligten im Gespräch mit energate. Sowohl RAG Austria als auch Bayernets fordern nun "rasche weitere Schritte" beim Aufbau eines Zertifikatesystems, das internationale Lieferungen mit grünem Wasserstoff ermöglicht. Dies sei für den Aufbau der ersten "Startnetze" und einen Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft unabdingbar. /pm/tc

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