EnWG-Novelle: Verbände mahnen Nachbesserungen an
Berlin (energate) - Die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) orientiert sich weitestgehend am Entwurf der Ampelkoalition. Dennoch haben Verbände Änderungswünsche - und üben teilweise heftige Kritik an der kurzen Anhörungsfrist. "Mit sechs Tagen ist die Konsultationsfrist viel zu kurz", sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Die schwarz-rote Koalition habe eigentlich im Sinne guter Gesetzgebung Fristen von vier Wochen und einen Praxischeck vorgesehen.
Bei einem Vergleich der alten Version von über 450 Seiten mit dem gekürzten, nun rund 220 Seiten starken Gesetzesvorschlag wird deutlich, dass vieles übernommen wurde. Dies begrüßt der BDEW zwar, doch der Teufel stecke im Detail, so Andreae. Insbesondere beim Endkundenmarkt sieht der Verband Regelungsbedarf. Absicherungsstrategien der Stromanbieter müssten praxisnah nachgewiesen werden können, etwa über vorhandene Risikomanagement-Vorgaben. Infolge der Energiekrise wurden Vorgaben für Stromversorger verschärft. Deutschland muss diese zu "angemessenen Absicherungsstrategien" gegenüber Preisschwankungen verpflichten.
Auch bei der Preiskommunikation fordert der BDEW mehr Flexibilität: Wenn Lieferanten gesunkene Preisbestandteile weitergeben müssen, sollten sie auch nicht beeinflussbare Kostensteigerungen berücksichtigen dürfen, so der Energieverband.
Unzufriedenheiten beim Energy Sharing
Beim Energy Sharing, dem gemeinsamen Nutzen von erneuerbarer Energie, fordert der BDEW eine klare, praxistaugliche Umsetzung. Die geplante zentrale Plattform zur Abwicklung sei mit 50 Mio. Euro Einmalkosten und 10 Mio. Euro jährlich teuer - der Nutzen müsse diesen Aufwand rechtfertigen. Zudem müsse die Plattform eng mit der Branche abgestimmt werden, um Ressourcen sinnvoll einzusetzen. Insgesamt kündigt der Verband an, den Entwurf konsequent auf unnötige Bürokratie zu prüfen - mit Verweis auf die im Koalitionsvertrag angekündigte Vermeidung von Überregulierung. Die Themen Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt sowie weitere Änderungen beim Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) seien bisher nicht adressiert - ein Folgegesetz sei daher absehbar.
Auch der Erneuerbaren-Verband BEE mahnt in seiner Stellungnahme Bürokratieabbau an. Auch er fordert Nacharbeiten beim Energy Sharing. Größere Grünstromhändler dürften nicht ausgeschlossen werden, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. Zusätzlich müsse das Energy Sharing über die Anwendungsmöglichkeit für PV-Projekte hinausgehen und auch die Windenergie miteinbeziehen. Im Rahmen des Bürokratieabbaus empfiehlt der BEE u.a., beim Redispatch 2.0 keine komplexeren Neuregelungen einzuführen.
Bei Energiespeichern sieht der BEE hingegen Fortschritte. Dass deren Errichtung künftig im "überragenden öffentlichen Interesse" liegt, sei richtig. Kritisiert wird dagegen die geplante Zwei-Jahres-Haltefrist nach dem Einbau eines intelligenten Messsystems (Smart Meter) beim Messstellenbetreiber. Die Haltefrist wurde in der Vergangenheit beispielsweise auch vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) kritisiert.
DIHK will Regelungen zu Netzanschlüssen zurück
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) moniert ebenfalls die kurze Rückmeldefrist für den Entwurf. Inhaltlich kritisiert die DIHK vor allem, dass das Wirtschaftsministerium die bereits im vergangenen Herbst von der Vorgängerregierung geplanten Verbesserungen im Bereich der Netzanschlüsse wieder aus der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes herausgenommen hat.
"Immer mehr Unternehmen berichten uns, dass sie lange auf Netzanschlüsse für PV-Anlagen, Speicher, Wärmepumpen oder Ladesäulen für E-Fahrzeuge warten müssen", sagte Sebastian Bolay, Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie. Das bremse die Energiewende in den Betrieben massiv aus. "Die ursprünglich vorgesehenen Fristen und transparenteren Verfahren mit Blick auf eine Netzanschlussauskunft sowie das Netzanschlussbegehren könnten die Transformation der Betriebe hin zu klimafreundlichen Technologien erheblich beschleunigen", sagte er. Die Regelungen sollten daher wieder in den Gesetzentwurf aufgenommen werden.
Kritik beim Gas-Lieferantenwechsel
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die geplante Änderung der Frist für den Lieferantenwechsel im Gasbereich. In der Stromsparte greift die Pflicht bereits nach einer Verschiebung seit dem 6. Juni. Nun soll dies laut EnWG-Entwurf für alle Lieferverträge inklusive Gas zum 1. Januar 2026 gelten. "Unrealistisch", urteilt der Bundesverband Energiemarkt & Kommunikation. "Es muss ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, vier Monate, die abzüglich der Ferienzeiten noch bleiben, sind zu kurz", argumentiert der Verband, der IT- und Energiedienstleister vertritt.
Die Entwicklung, die Tests, aber auch die Installation der Software koste durchaus Zeit. Bei den Anwendern, die nur eine Gassparte und somit keine Erfahrungen im Strom-LFW24 gesammelt haben, sei zusätzlich eine Schulung nötig. Selbst in der Stromsparte laufe anderthalb Monate nach dem Systemwechsel nicht alles rund. Zwar gebe es deutliche Fortschritte, aber auch weiterhin bestünden Probleme im technischen Detail. So würden unter anderen die vereinbarten Open-API-Schemata noch nicht durchgehend eingehalten, mitunter hakt es noch bei der Validierung von Zertifikaten und Signaturen.
"Der EnWG-Entwurf hat viele Leerstellen und muss im Parlament dringend nachgebessert werden", urteilt Carolin Dähling, Bereichsleiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy. Gelegenheit dazu hat nach der parlamentarischen Sommerpause der Bundestag, denn noch in den Sommerferien könnte sich das Bundeskabinett mit dem Gesetzespaket befassen. /ck/mt