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Eichstätter Stadtwerke kämpfen mit Schaukelpolitik

Eichstätt (energate) - Stadtwerke sehen sich als Leidtragende der widersprüchlichen Debatten auf bundespolitischer Ebene zur Wärmewende. Nach wie vor sei die Verunsicherung mit Blick auf das Heizungsgesetz und seine Zukunft groß, erklärte Silvia Dollinger, Geschäftsführerin der Stadtwerke Eichstätt aus Oberbayern, im Interview mit energate im Rahmen der Sommerserie "Stadtwerke im Fokus". "Sobald in der Politik Verunsicherung geschaffen wird, spüren wir das vor Ort sofort. Das hilft uns in der Wärmewende nicht weiter", betonte sie. Sie verwies beispielhaft darauf, dass die Zahl der Anschlussbegehren an die Wärmenetze der Stadt zwar hoch sei, es aber weiterhin genauso Anfragen zu Gasbrennwertkesseln im Neubau gebe. Noch mehr besorgt sie, dass der politische Schlingerkurs bei der Wärmewende auch die Glaubwürdigkeit der Stadtwerke in Mitleidenschaft ziehe. "Wir sind nun mal die Ansprechpartner für die Bürger und Bürgerinnen", so die Unternehmens-Chefin.

 

Hohe Baukosten im historischen Zentrum

 

In Eichstätt planen die Stadtwerke derzeit ein neues Nahwärmenetz, das bis zu 45 denkmalgeschützte Liegenschaften in der historischen Innenstadt mit erneuerbarer Wärme versorgen soll. Gerade die dichte Bebauung im Zentrum und denkmalrechtliche Vorgaben machten das Projekt herausfordernd, erläuterte Dollinger. "Die Baukosten sind andere, als wenn wir auf einer grünen Wiese eine Fernwärmeleitung verlegen." Seit zehn Jahren arbeiten die Stadtwerke Eichstätt bereits aktiv an der Wärmewende - zwei Nahwärmenetze gibt es bereits.

 

Bei den jüngsten Ausbauplänen kämpft der Kommunalversorger vor allem mit dem politischen Schlingerkurs der aktuellen und vergangenen Legislatur. Mit Blick auf die kommunale Wärmeplanung warnte Dollinger: "Wir dürfen nicht Pläne für die Schublade produzieren." Dieses Risiko bestehe gerade dann, "wenn auf Regelungen kein Verlass ist", mahnte sie mehr Verlässlichkeit in der Bundespolitik an.

 

Kooperationen werden für Stadtwerke immer wichtiger

 

Nicht nur im Kundenkontakt ist die Schaukelpolitik des Bundes eine Herausforderung, auch die Arbeitsbelastung für die Stadtwerke-Mitarbeitenden steigt. "Jede Gesetzesänderung kommt auf uns genauso zu wie auf einen großen Stromvertrieb oder auf einen großen Verteilnetzbetreiber", machte Dollinger klar. Vor allem die Taktung der Veränderungen sei schwierig. Daher seien Kooperationen innerhalb der Branche so wichtig, anders wäre die Arbeit nicht stemmbar.

 

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam jüngst auch eine Studie im Auftrag des VKU. Die Studie widerspricht der These, kleinere Versorger seien strukturell ineffizient. Die Unternehmensberatung EY analysierte mehr als zehn erfolgreiche Kooperationsmodelle aus der Praxis, von der gemeinsamen Windparkentwicklung über digitale Netzplattformen bis hin zu vertriebsübergreifenden White-Label-Lösungen. Für VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing ist klar: "Stadtwerke sind keine Bremsklötze, sondern Beschleuniger der Energiewende - bürgernah, resilient und innovativ."

 

Stadtwerke an der finanziellen Belastungsgrenze

 

In Eichstätt sieht man sich darüber hinaus mit finanziellen Grenzen konfrontiert. Trotz einer hohen Eigenkapitalquote und verbindlichen Wärmeabnehmern sei der Nahwärmenetzausbau eines der teuersten Projekte in der Geschichte des Kommunalversorgers. Das Wärmeprojekt werde die Stadtwerke "an unsere finanziellen Grenzen treiben", so Dollinger. Ohne Zuschüsse aus der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) könne es durchaus so weit kommen, dass das gesamte Vorhaben scheitert. Das Sondervermögen der Bundesregierung, das insbesondere auch Länder und Kommunen unterstützten soll, befürwortet die Stadtwerke-Geschäftsführerin. Allerdings mahnt sie, dass das Geld auch tatsächlich da ankommen sollte, wo es gebraucht werde. /lm

 

Das vollständige Interview mit Silvia Dollinger, Geschäftsführerin der Stadtwerke Eichstätt, lesen Sie im Add-on Gas & Wärme. Weitere Interviews der energate-Sommerserie "Stadtwerke im Fokus" finden Sie hier.

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