Bei Elektrolyseuren kommt es auf die Gesamtkosten an
Essen (energate) - Die heimische Wasserstofferzeugung kommt bislang nicht so richtig in Schwung. Das war eines der Themen, über die die Branche bei den diesjährigen "Essener Wasserstoff-Impulsen" diskutiert hat. "Viele angekündigte Projekte kommen nicht so schnell voran wie erhofft", sagte etwa Jan Simoneit, Consultant bei DMT, bei der vom Gas- und Wärme-Institut Essen (GWI) organisierten Tagung. Das könnte auch das 2030-Ziel in Gefahr bringen. Dann sollen laut den Zielen der Nationalen Wasserstoffstrategie in Deutschland 10 GW Elektrolysekapazität bestehen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, denn aktuell sind gerade einmal 150 MW in Betrieb. Zumal sich einige Unternehmen gleich ganz von ihren deutschen Wasserstofferzeugungsplänen verabschiedet haben. Jüngste Beispiele sind Regas, Leag oder auch Statkraft.
Stacks machen nur 30 Prozent der Anlagenkosten aus
Sie haben sich allesamt gegen den Bau einer Elektrolyseanlage entschieden, weil sich diese Investition nicht gerechnet hätte. Die Hintergründe sind ähnlich: unklare regulatorische Bedingungen, komplexe Anforderungen an die Produktion von grünem Wasserstoff und hohe Strompreise. Aber auch die Kosten für den Bau der Elektrolyseure spielen eine Rolle. Dabei werden diese von der Branche sogar teilweise noch unterschätzt, sagte Christian Lorenz, Expert Solution Design Green Gas bei Eon Hydrogen, in Essen. "Viele schauen nur auf die Stacks", so Lorenz. Dabei seien diese gerade einmal für maximal 30 Prozent der Anlagenkosten verantwortlich.
DieForschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) hatte die Kosten jüngst in einem Diskussionspapier auf rund 3.120 Euro pro Kilowatt installierter elektrischer Elektrolyseleistung beziffert, inklusive Planung und Bau der Anlage. "Elektrolyseanlagen sind sehr teuer, weil sie viele komplexe Bauteile, Sensoren und Schnittstellen enthalten", führte der Eon-Vertreter dazu weiter aus. Eben diese machten in seinen Augen auch einen zuverlässigen Betrieb durchaus anspruchsvoll. "Man hört schon von einigen Problemen", so Lorenz. Dazu zählten unter anderem Leckagen und Dichtigkeitsprobleme, der Austrag von Wasser in trockene Anlagenteile oder der Übertritt von Wasserstoff auf die Sauerstoffseite. Auch die Sensoren seien im Betrieb zum Teil fehleranfällig und sorgten für - unnötige - Ausfallzeiten der Elektrolyseanlage.
Wer ist bei Fehlern verantwortlich?
Stillstand hätten Anlagenbetreiber natürlich gar nicht gerne, zumal bei der Elektrolyse aufgrund der zahlreichen Schnittstellen und Anlagenkomponenten manchmal die Verantwortlichkeiten noch unklar seien, gab Lorenz weiter einen Einblick. "Also wer ist für einen bestimmten Fehler verantwortlich und behebt ihn am Ende dann auch wieder?" Dieser Umstand erschwere sich bei der Beauftragung einer Elektrolyseanlage in Einzelkomponenten und nicht in Containerbauweise. Der Hersteller fühle sich dann für die Stacks verantwortlich, bei allen anderen Anlagenteilen müsse der Betreiber "selbst schauen". Lorenz erwähnte zudem auch "spärliche Garantien", welche die Unternehmen bieten.
Aus China wird nur wenig veröffentlicht
Der Eon-Vertreter plädierte an der Stelle deswegen sehr deutlich für eine sorgfältige Auswahl des Elektrolyseur-Herstellers. Das habe auch damit zu tun, dass die meisten von ihnen verhältnismäßig wenig Betriebserfahrung ausweisen können. "Es gibt nicht so viele, die schon viel Erfahrung haben." 60 Prozent der aktuellen weltweiten Elektrolysekapazität befinden sich laut Angaben der Internationalen Energieagentur in China. "Und man erfährt von dort leider relativ wenig, wie es so läuft", bedauerte Lorenz. Klar sei aber: In China lägen die Kosten für eine Elektrolyseanlage gerade einmal bei der Hälfte im Vergleich zu europäischen oder US-amerikanischen Anlagen.
Fraglich, ob die Kosten in Europa sinken
Allgemeinhin besteht aber die Hoffnung, dass auch in Europa die Kosten für Elektrolyseanlagen durch Skalierungseffekte merklich sinken werden. Lorenz teilt diese Ansicht nicht. Ganz im Gegenteil seien die Kosten seit der Coronapandemie sogar um 40 Prozent gestiegen. Denn die Anlagen bestehen aus sehr viel Edelstahl, Sensoren und anderen Standardbauteilen. Preissenkende Effekte seien hauptsächlich bei den Stacks zu erwarten, aber auch nur wenn die Nachfrage entsprechend stark sei. Diese Entwicklung ist bislang allerdings größtenteils ausgeblieben. Ob in der nächsten Zeit an der Stelle eine Kehrtwende zu erwarten ist, bleibt fraglich mit Blick auf die sich mehrenden gestoppten Projekte.
Sind die Behörden auch schon H2-ready?
Etwas besser könnte die Preisentwicklung bei den Elektrolyseuren in Containern verlaufen, eben weil häufiger Standardisierung möglich ist. Das gilt auch für die vor dem Bau notwendigen Genehmigungsverfahren, wie Simoneit von der Essener DMT-Group ausführte. "Wir hoffen da auf eine Art Whitelist für diese Standardsysteme", so Simoneit. Hilfreich sei es auch, wenn entsprechende Bescheide und Stellungnahmen zwischen den Behörden verfügbar seien und die Mitarbeitenden darauf Zugriff hätten. Das könnte die Verfahren insgesamt beschleunigen. Das gelte aber nicht für hausintern verbaute Anlagen. "Da sind alle Komponenten individuell, dementsprechend müssen diese auch einzeln geprüft sein", so Simoneit. /ml