BEHV-Novelle erhöht Druck auf kleine Unternehmen
Essen (energate) - Die Bundesregierung hat mit dem jüngsten Kabinettsbeschluss vom 6. August auch dem nationalen Emissionshandel (nEHS) einen neuen Rechtsrahmen gegeben. Die Novelle der Brennstoffemissionshandelsverordnung (BEHV) soll den Übergang vom Festpreissystem hin zu einem auktionsbasierten CO2-Preismechanismus ebnen. Jetzt steht fest: Für die Versteigerung ab dem Jahr 2026 gilt ein Preiskorridor von 55 bis 65 Euro pro Tonne CO2. Die Branche hatte seit Langem auf Regelungsklarheit für das Post-Festpreisjahr gedrängt. Richtig glücklich ist sie mit der nun vorgelegten Novelle allerdings nicht. Insbesondere kleine Unternehmen sehen sich unter Druck.
MEW wollte Festpreis auch für 2026
So hätte sich etwa die Mittelständische Energiewirtschaft Deutschland (MEW) auch für das Jahr 2026 noch einen Festpreis gewünscht, wie Geschäftsführer Thomas Johannsen gegenüber energate verdeutlichte. Denn nur ein Festpreis schaffe die notwendige Planungssicherheit. "Unternehmen können ihre Brennstoffkosten und CO2-Verpflichtungen zuverlässig kalkulieren - das ist entscheidend für Investitionsentscheidungen und Liquiditätsplanung", so Johannsen. Zudem hätte ein Festpreis seiner Ansicht nach vor dem möglichen Start eines zweiten Emissionshandelssystems, des ETS 2, eine Doppelbelastung der Unternehmen durch das parallele Auktionssystem vermieden, argumentierte der MEW-Geschäftsführer weiter.
Handlungsdruck steigt durch Knappheit und Komplexität
Ähnlich ordnet auch Dominik Trisl, Geschäftsführer und Co-Gründer des Handelsdienstleisters Q-Bility, die Lage ein: "Klarheit ist nicht gleich Planbarkeit." Neben der fehlenden Planungssicherheit erhöht aber seiner Meinung nach noch ein weiterer Umstand, welchen die Novelle mit sich bringt, den Handlungsdruck auf Stadtwerke und Versorger. Denn die geschlossene Einheitspreisauktion und die Mengenbegrenzung auf ein regulatorisch definiertes Cap seien zentrale Prinzipien, die systematisch marktliche Knappheit erzeugen. Für die betroffenen Unternehmen bedeute dies, dass sie sich künftig nicht nur die Frage stellen müssen, zu welchem Preis sie kaufen, sondern auch, ob sie überhaupt Zertifikate bekommen.
"Hier beginnt die Herausforderung", so Trisl weiter. Denn die BEHV übertrage zunehmend Verantwortung auf die Marktteilnehmer. Wer CO2-Zertifikate 2026 beschaffen muss, könne sich nämlich nicht mehr auf staatlich garantierte Mengen und Preise verlassen. "Die neue Versteigerungslogik führt zu einer Dynamik, die sich schlecht mit Excel-Modellen und Festpreiserwartungen abbilden lässt", so der Experte. Stattdessen seien zunehmend Marktbeobachtung, Mengensteuerung und die Integration von Preisprognosen in Beschaffungsstrategien der Versorger gefragt.
Unklar, wer die Auktionen durchführt
Weitere Probleme befürchtet die Branche zudem durch die späte Bekanntgabe der Auktionsmodalitäten und den späten Verkaufsstart - voraussichtlich erst ab Juli 2026. Das gefährde die Versorgungssicherheit, etwa bei Heizöl im Winter, erklärte MEW-Geschäftsführer Johannsen dazu. Unklar ist beispielsweise auch noch, wer die Auktionen durchführen wird und über welche Plattform sie laufen werden. Das Umweltbundesamt als zuständige Stelle für den Vollzug des nEHS hat die Plattform europaweit ausgeschrieben. "Sie ist zwar angekündigt, aber Stand heute nicht vergeben", weiß Q-Bility-Geschäftsführer Trisl.
Es gibt auch positive Aspekte
Bei all der Skepsis gibt es aber auch positive Aspekte. So hat die Novelle mit der Rückkehr zur Zehn-Prozent-Nachkaufsregelung in Paragraf 15 eine zentrale Forderung aus der Praxis aufgenommen. Dies eröffne Spielraum für das Mengenmanagement im Folgejahr und sei ein notwendiger Puffer in einem System, das erstmals mit echter Knappheit operiert, so Trisl. Das bewertet auch der Wirtschaftsverband Fuels und Energie (En2X) auf energate-Nachfrage positiv. Die Klarheit über die Festpreise für Emissionszertifikate, die außerhalb des Versteigerungsverfahrens erworben werden müssen, sei wichtig, hieß es. Dabei handelt es sich zum einen um Überschussmengen, also die Differenz zu dem EU-rechtlich vorgeschriebenen Minderungsziel. Hier beträgt der Festpreis künftig 68 Euro (§ 14 BEHV). Das andere sind die schon angesprochenen Nachkaufsmengen, die den im Jahresverlauf 2026 noch nicht bekannten endgültigen Bedarf an Emissionszertifikaten abdecken, hier liegt der Preis bei 70 Euro.
Novelle ist nur "schmales Sicherheitsnetz"
Beide Maßnahmen deuteten auf eine "marktberuhigende Sicherheitsleine" hin, welche die Novelle den Unternehmen für das Handelsjahr 2026 an die Hand geben möchte, meint Trisl. "Die Botschaft scheint klar: Der Markt bekommt ein Sicherheitsnetz - aber es ist schmal gespannt." So könnte unterm Strich das kommende Jahr zum Stresstest werden, nicht nur für das neue System, sondern auch für die Fähigkeit der Unternehmen, sich im nationalen Emissionshandel als aktive Marktteilnehmer zu behaupten. Ganz im Sinne von und als Vorbereitung für den europäischen Emissionshandel, den ETS 2. /ml