Zum InhaltZum Cookiehinweis

RSS Feed

24-h-Lieferantenwechsel: Geglückt und holprig zugleich

Essen (energate) - Kaum ein Thema erzürnte die Stromversorger so sehr wie die Umstellung auf den 24-Stunden-Lieferantenwechsel. Am 6. Juni 2025 war es dann nach heftigen Branchenprotesten mit zweimonatiger Verzögerung so weit. Nach zweieinhalb Monaten Praxiserfahrung lässt sich ein widersprüchliches Zwischenfazit ziehen. So konnten mehrere Stadtwerke auf energate-Anfrage auf eine erfolgreiche Umsetzung zurückblicken. Auch der Branchenverband Edna berichtete gegenüber energate von mittlerweile "weitgehend reibungslosen" Prozessen. Doch noch immer gibt es technische Probleme, der personelle Mehraufwand ist infolge erhöhter Kundenanfragen gestiegen und auch nicht bei jedem Versorger verlief der Prozess wie angedacht. So gab die Bundesnetzagentur auf Anfrage bekannt, dass "nicht alle Unternehmen die verlängerte Einführungsfrist so genutzt haben, dass ein reibungsloser Start gelungen ist".

 

Die Bonner Behörde erinnerte daran, dass die erfolgreiche Abwicklung der elektronischen Marktkommunikation Strom voraussetzt, dass alle Marktakteure die festgelegten Vorgaben umsetzen und beherrschen. Infolgedessen gab es für Unternehmen mit Umsetzungsschwierigkeiten eine klare Ansage seitens der Bundesnetzagentur. So gehe die Beschlusskammer 6 Beschwerden über spürbare Beeinträchtigungen der Marktkommunikation nach. Sie lege den Marktpartnern die "zügige Umsetzung der festgelegten Vorgaben" nahe, hieß es aus Bonn. Konkrete Zahlen, wie viele Unternehmen ihrer Pflicht bislang nicht nachkommen, nannte die Bundesnetzagentur jedoch nicht.

 

Technische Details noch immer nicht fehlerfrei integriert

 

Andernorts zeigten sich die befragten Unternehmen grundsätzlich mit der erfolgten Umstellung zufrieden. Im Vorfeld des Übergangs bezweifelten etwa die Stadtwerke Jena, ob eine fristgerechte Bereitstellung aller notwendigen IT-Services möglich sei. Befürchtungen, die sich in der Anfangsphase der Umstellung bewahrheiteten. Zwar gelang die generelle Prozessumstellung. Doch die "Stabilisierungsphase ab Anfang Juni gestaltete sich umfangreicher als prognostiziert", wie eine Unternehmenssprecherin erklärte. Die Gründe lagen demnach weniger an internen Faktoren, sondern vor allem an technischen und prozessualen Schwierigkeiten auf Seiten externer Marktpartner. Mittlerweile sei die Stabilisierung jedoch weitgehend abgeschlossen und die Stadtwerke Jena näherten sich einem geregelten Betrieb. Einzelne Prozess- und Kommunikationsfehler erforderten jedoch "weiterhin Abstimmungen und zusätzliche Ressourcen", was den personellen Aufwand in der Folge erhöhte.

 

Auch Edna klagte gegenüber energate über weiterhin bestehende Probleme im technischen Detail. "Die Anwender haben die Prozesse in der Tiefe noch nicht vollständig verstanden", bedauerte der Verband. So hätten manche Marktteilnehmer nach wie vor Schwierigkeiten mit den Antworten der Marktlokations-Identprozesse umzugehen. Dennoch bestünden Probleme verglichen mit dem Gesamtkommunikationsvolumen im Markt nur noch in Einzelfällen, wie Edna einschränkte. Eine BDEW-Klarstellung zur Nutzung und Validierung von Zertifikaten und Signaturen Mitte Juli hätte zu einer besseren Verständlichkeit geführt. Jedoch gebe es noch immer - analog zur BNetzA-Antwort - Marktpartner, "bei denen kein Zertifikat vorliegt oder deren Verzeichnisdienste Endpunkte im Nirvana liefern".

 

Kundenfeedback positiver als befürchtet

 

Zwei Punkte bereiteten den Stadtwerken im Vorfeld der Umstellung besondere Kopfschmerzen. Zwar können Verbraucher künftig innerhalb von 24 Stunden den Stromlieferanten wechseln. Allerdings gilt weiterhin die vertraglich festgelegte Laufzeit und Kündigungsfrist mit dem Stromanbieter, auch wenn sich die Frist zur Bearbeitung eines Wechsels durch den Lieferanten verkürzt. Das führt dazu, dass Kundinnen und Kunden ihren Wohnungswechsel vor dem konkreten Umzug melden müssen. "Andernfalls wird es schwierig, die Stromkosten zutreffend auf Vor- und Nachmieter oder Verwaltung zu verteilen", warnten etwa die Stadtwerke Kiel im Vorfeld der Umstellung. Das norddeutsche Stadtwerke bekräftigte daher auch im Nachgang, "großen Respekt vor der für uns größten Formatanpassung, die die Bundesnetzagentur seit ihrer Gründung von Marktteilnehmer gefordert hat", gehabt zu haben. Mittlerweile blicke man auf einen grundsätzlich reibungslos funktionierenden Lieferantenwechsel - "dennoch war der Respekt angebracht".

 

Wer sich nicht rechtzeitig abmeldet, riskiert Konsequenzen. In solchen Fällen zahlt der ausgezogene Kunde die Energiekosten des Nachmieters bis zur fristgerechten Abmeldung. In Hamm erwarteten die Stadtwerke daher eine "Flut von Beschwerden". Doch dort hat sich die Sorge nicht bewahrheitet. "Unser Service-Center stellt fest, dass es weniger Diskussionen mit der Kundschaft bezüglich der rückwirkenden Umzugsmeldung gibt als erwartet", erklärte eine Unternehmenssprecherin. Es werde grundsätzlich akzeptiert, dass eine rückwirkende Bearbeitung aus gesetzlichen Gründen nicht mehr möglich sei. Ähnliche Erfahrungen berichteten auch die Versorger in Kiel, Neuwied und Jena.

 

Mehraufwand insgesamt gestiegen

 

Dennoch habe der 24-Stunden-Lieferantenwechsel zu einem erhöhten Erklärungs- und Aufklärungsbedarf geführt, wie die Stadtwerke Hamm klarstellten. Zwar sei die rückwirkende Umzugsmeldung weniger problematisch als erwartet. In Hamm verzeichne man jedoch stattdessen ein erhöhtes Beschwerdeaufkommen aufgrund von Auszugsrechnungen - schließlich fällt erst mit der Auszugsrechnung auf, dass die Verschiebung des Auszugsdatums finanzielle Auswirkungen hat. "Aus dem Grund werden häufiger Rechnungskorrekturen gefordert, die wir natürlich nicht durchführen können." Erfahrungen, die auch die Stadtwerke Neuwied bestätigten. Insbesondere von Eigentümern von Mehrfamilienhäusern und Hausverwaltungen komme es im Kontext des Umzugs vermehrt zu Beschwerden. Das rheinland-pfälzische Stadtwerk verwies daher auch auf personelle Mehraufwände, die etwa durch nicht gemeldete Zählerstände am Auszugstags resultierten. Auch falsch angemeldete Kunden - entweder durch die Stadtwerke selbst oder Fremdlieferanten - führten zu aufwändigen bilateralen Klärungen, erklärte ein Unternehmenssprecher. /rh

Zurück