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Wie aus Logistikzentren Energy-Hubs werden

Greven (energate) - Der Logistikkonzern Fiege will sich in der Energieversorgung ein neues Geschäftsfeld erschließen. Das Unternehmen hat damit angefangen, seine Logistikzentren flächendeckend mit Solaranlagen und Batteriespeichern auszustatten. Über Ladeinfrastruktur will der Transportspezialist den Solarstrom zudem für die eigene LKW-Flotte nutzen, aber auch an andere Spediteure vermarkten. Fiege investiere gezielt in Ladeinfrastruktur, "auch öffentlich zugänglich, um als Chargepoint-Operator ein neues Geschäftsfeld zu erschließen", sagte Hartmut Entrup, Director Energy Solutions bei Fiege, im Interview mit energate. Die Idee dahinter sei, "an unseren Standorten ganzheitliche Energie-Ökosysteme zu schaffen". Damit leiste Fiege nicht nur einen Beitrag zur Energiewende, "wir machen erneuerbare Energie auch zu einem integralen Bestandteil unseres Geschäftsmodells", zeigte sich Entrup überzeugt. 

 

Gestehungskosten von 7 Cent/kWh

 

Insgesamt 40 bis 50 der eigenen Logistikzentren will Fiege so mit grüner Energieinfrastruktur aufrüsten. Erst im Juli hatte das Unternehmen am Hauptstandort in Greven-Reckenfeld im nördlichen Münsterland seine Aufdach-PV-Kapazitäten um 3 MW ausgebaut, sodass der Standort inzwischen jährlich bis zu 2,4 Mio. kWh Grünstrom selbst produziert. "Eine PV-Anlage kommt bei uns auf Stromgestehungskosten von etwa 7 Cent pro kWh", erklärte Entrup. Der wirtschaftliche Anreiz für den Eigenverbrauch sei also gegeben. Aktuell errichtet Fiege im Jahr bis zu 15 MW an PV-Kapazitäten auf den eigenen Hallendächern - und das komplett in Eigenregie, wie Entrup betonte. 

 

Parallel dazu soll nun auch der Aufbau von Batteriespeichern erfolgen. Hierbei spielt eine strategische Beteiligung eine Schlüsselrolle: Erst in diesem Jahr war Fiege bei dem Aachener Batteriespeicherhersteller Voltfang eingestiegen, der derzeit seine Produktionskapazitäten hochfährt. Das Unternehmen soll künftig die Fiege-Standorte mit 5-MWh-Batteriecontainern ausstatten. Diese sollen helfen, den Eigenverbrauch an Solarstrom zu erhöhen. "Aktuell erzielen wir Autarkiegrade von rund 20 Prozent pro Standort. Mit Speichern und optimierter Sektorkopplung - zum Beispiel durch den Betrieb von Wärmepumpen und E-LKW-Ladepunkten - wollen wir perspektivisch 40 bis 50 Prozent erreichen", blickte Entrup voraus. 

 

Künftig sollen diese Speicher aber nicht allein zur Eigenverbrauchsoptimierung zum Einsatz kommen. "Wenn unsere Batteriespeicherflotte weiter wächst, wird der Arbitragehandel eine zunehmende Rolle spielen. Aber da sind wir noch in der Lernphase", gab sich Entrup zurückhaltend. Hierfür sei Fiege auf der Suche nach einem Softwaredienstleister, der die Speicher intelligent steuert. Je nach Rahmenbedingungen und Rollout-Tempo will Fiege für den Ausbau des Energiegeschäfts in den kommenden Jahren einen mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen. 

 

Urteil zur Kundenanlage gefährdet die Pläne

 

Stichwort Rahmenbedingungen: Natürlich verläuft der Ausbau der unternehmenseigenen Energie-Ökosysteme nicht ohne Rückschläge, wie Entrup einräumte. "Durch das BGH-Urteil zur Kundenanlage geraten wir bei Standorten mit mehreren Mietern mitunter in komplexe rechtliche Abgrenzungen." Das Urteil aus dem Mai hat die bislang gängige Praxis der Kundenanlage, also die Versorgung verschiedener Abnehmer mit Strom in nicht öffentlichen Strukturen, weitgehend für unrechtmäßig erklärt - mit weitreichenden Folgen für Industrieareale. "Wir hoffen natürlich, dass wir unseren Status als Nicht-Netzbetreiber beibehalten können", so Entrup. Eine abschließende rechtliche Klärung steht noch aus. 

 

Sorge bereit dem Logistiker auch die Frage, wie Speicher künftig regulatorisch behandelt werden - gerade in Hinblick auf die Kombination von Eigenverbrauchsoptimierung und Arbitragehandel an der Strombörse. Fiege baut darauf, dass diese Kombination verschiedener Vermarktungsmodelle regulatorisch weiterhin möglich ist. "Alles andere würde negativ auf unsere Rollout-Pläne einzahlen", so Entrup. Eine weitere Hürde stellen die langwierigen Diskussionen mit den Netzbetreibern dar. Hier wäre "in manchen Fällen mehr Kooperationsbereitschaft seitens der Netzbetreiber" wünschenswert, sagte Entrup. 

 

Fiege: 4,5 Mio. Quadratmeter Lagerfläche

 

Die Fiege-Gruppe mit Hauptsitz im westfälischen Greven gehört zu den europaweit größten Logistik- und Lieferkettenspezialisten mit mehr als 120 Standorten in Europa. Im Geschäftsjahr 2022 - aktuellere Zahlen sind nicht öffentlich - erzielte das familiengeführte Unternehmen einen Umsatz von rund 2 Mrd. Euro. Fiege beschäftigt weltweit knapp 24.000 Mitarbeitende und verfügt über Lager- und Logistikflächen in einem Gesamtumfang von 4,5 Mio. Quadratmetern. /rb 

 

Das gesamte Interview mit Hartmut Entrup, Director Energy Solutions bei Fiege, lesen Sie im Add-on Markt & Industrie

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