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Wasserstoffverteilnetz Rh2ein-Main Connect in der Warteschleife

Frankfurt/Mainz (energate) - Die Frankfurter Mainova und die Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG planen gemeinsam mit Partnern das Wasserstoffverteilnetz "Rh2ein-Main Connect".Eine Machbarkeitsstudie hat ergeben: Ein 120 Kilometer langes Startnetz könnte ab 2030 erste Industriekunden und Kraftwerke versorgen, eine Erweiterung auf 210 Kilometer ab 2035 könnte folgen. Doch trotz detaillierter technischer und wirtschaftlicher Planungen - die Netzhydraulik ist bereits bestimmt, ein Kostenmodell aufgebaut - stockt das Vorhaben. "Das Projekt ist machbar, aber unter den gegebenen Umständen momentan wirtschaftlich nicht realisierbar", erläuterte Mainova-Chef Michael Maxelon im Interview mit energate. "Auch wenn sich unser Projektteam schon gerne die Nutzungsrechte für Flächen sichern würde, müssen wir hier Vorsicht walten lassen", ergänzte Oliver Malerius, Vorstand der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (KMW).

 

Zwei Faktoren bremsen: Zum einen die Frage, ob und wann Wasserstoff in ausreichenden Mengen verfügbar sein wird. Zum anderen fehlen regulatorische Mechanismen, welche die hohen Anfangsinvestitionen für die kommunalen Unternehmen abfedern würden. Das Investitionsvolumen für das Startnetz bis 2035 liegt bei rund 270 Mio. Euro. Hinzu kommt allerdings - neben den Betriebskosten - das Hochlaufentgelt von 25 Euro/kWh/h/a aus dem Wasserstoff-Kernnetz als Sockelbetrag. "Ohne eine entsprechende Regelung für ein Amortisationskonto können wir deshalb insbesondere in der Anfangsphase keine attraktiven Netzentgelte anbieten - dafür sind die Anfangsinvestitionen, von denen wir sprechen, zu groß", so Maxelon.

 

Kraftwerke als Ankerkunden 

 

Die potenziellen Industriekunden kommen aus den Branchen Keramik, Papier, Glas oder Metallerzeugung. "Wir sprechen hier unter anderen mit Merck, Schott und Boehringer", erläuterte der KMW-Vorstand Malerius. Daneben wären die Kraftwerke der eigenen Unternehmen wichtige Ankerkunden - vorausgesetzt, der Einsatz von Wasserstoff ließe sich im Vergleich zu Erdgas wirtschaftlich darstellen.

 

Während Mainova derzeit den Kohleausstieg Ende 2026 mit einem schrittweisen Umstieg ihrer beiden Kraftwerksblöcke auf Erdgas vorbereitet, steckt KMW mitten im Stillstand. Das geplante "Zukunftskraftwerk" auf der Ingelheimer Aue ist pausiert. "Für den Betrieb würden wir etwa 50.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr benötigen, was für den Ersatz von fast 2 TWh Erdgas sorgen würde", erklärt Oliver Malerius. Wie viele andere Marktteilnehmer wartet die KMW seit über drei Jahren auf die Ausschreibungsbedingungen für Wasserstoffkraftwerke im Rahmen der Kraftwerksstrategie. "Wir sind als KMW mit einem einstelligen Millionenbetrag in Vorleistung gegangen und hatten nach viel Arbeit am Ende einen unterschriftsreifen Vertrag für ein H2-ready Gaskraftwerk vorliegen. Und trotz Versprechungen der Politik wurde das Gesetz immer wieder verschoben, sodass wir den Vertrag nicht guten Gewissens unterzeichnen konnten."

 

Preisbindung als Ausweg

 

Bei den vielen gestoppten oder pausierten H2-Projekten stellt sich die zentrale Frage, wie Wasserstoff in der Anlaufphase preislich wettbewerbsfähig gemacht werden kann. Mainova-Chef Maxelon schlägt ein altbekanntes Instrument vor: "Um den Markt zu öffnen, möchte ich an etwas erinnern, das unsere Branche ebenso kennt wie die Politik: das Instrument der Preisbindung, damals noch von Erdgas an Heizöl." Große Abnehmer wie Kraftwerke oder Industriekunden bräuchten Sicherheit, um Investitionen zu wagen.

 

Auch Malerius sieht hier einen möglichen Hebel: "Etwas Ähnliches stand in Ansätzen bereits in der Kraftwerksstrategie, nämlich dass in einer Übergangszeit die Differenz zwischen den Erdgas- zu Wasserstoffkosten bezuschusst wird. So etwas brauchen wir aber großflächig und das wäre nichts anderes als eine Erdgaspreisbindung für Wasserstoff." Wünschenswert wäre für die beiden Energiemanager, die Förderung nicht direkt über den Bundeshaushalt abzubilden. "Denn dann gibt es immer den Nachteil, dass das Instrument politisch infrage gestellt werden könnte", gibt Maxelon zu bedenken.

 

Das Preisproblem: Während Erdgas trotz steigender CO₂-Preise noch vergleichsweise günstig ist, wird Wasserstoff aktuell mit rund drei Euro pro Kilogramm kalkuliert - das entspricht etwa 75 Euro pro Megawattstunde, weit mehr als doppelt so viel wie Erdgas. Unter diesen Bedingungen drohen Investitionsentscheidungen gegen den Standort Deutschland. "Wir müssen endlich vom Denken ins Tun kommen; um das derzeitige Tal der Tränen im Wasserstoffmarkt zu verlassen, braucht es jetzt dringend überregionale Entscheidungen", fordert Malerius. /mt

 

Einen Auszug aus dem Interview lesen Sie im heutigen Add-on Gas & Wärme und das vollständige Doppelinterview in der nächsten Ausgabe des energate-Magazins emw, die am 2. Oktober erscheint.

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