Wasserstoff: Schlüssel für die NRW-Industrie
Dortmund (energate) - Das Wasserstoff-Kernnetz ist beschlossen, der Dortmunder Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas hat mit den ersten Projekten begonnen. "Die Genehmigung des Wasserstoff-Kernnetzes ist ein Meilenstein für die Branche und unser Unternehmen", betonte Thomas Gößmann, Vorsitzender der Thyssengas-Geschäftsführung, im energate-Interview. Thyssengas wolle sich als einer der führenden Netzbetreiber für Wasserstoff und grüne Gase etablieren. Mit besonders zeitkritischen Projekten ist das Unternehmen nun in die Planungs- und Genehmigungsphase gegangen. Zugleich arbeitet Thyssengas bei längerfristigen Vorhaben weiter an der Konkretisierung, wie Gößmann ausführte.
Wasserstoff für NRW unverzichtbar
Besonders für Nordrhein-Westfalen, eine der wirtschaftsstärksten Regionen Europas, sei Wasserstoff essenziell, erklärte Gößmann. Die Landesregierung unterstütze den Ausbau und setze auf eine integrierte Planung von Strom- und Gasnetzen. Mit Blick auf die laufende Klimatransformation des Wirtschaftsstandortes betonte er: "Wir stehen vor der Frage: Dekarbonisierung oder Deindustrialisierung". Das Kernnetz bilde die Grundlage für eine grüne Transformation, insbesondere für energieintensive Industrien wie Stahl und Chemie, die ohne Wasserstoff nicht klimaneutral werden könnten.
Drei Bausteine für einen funktionierenden Markt
Für den Hochlauf eines liquiden Wasserstoffmarktes nannte Gößmann drei zentrale Voraussetzungen: politischen Rückhalt für die ambitionierten Zeitpläne, einen belastbaren Business-Case für Wasserstoff sowie eine enge Zusammenarbeit sämtlicher Stakeholder. "Es braucht gezielte Instrumente wie eine Quote für grüne Gase und Förderungen für Wasserstoff-Kraftwerke. Auch blauer Wasserstoff sollte als Brückentechnologie pragmatisch genutzt werden", sagte er.
Der Stahlkonzern Thyssenkrupp galt lange Zeit als gesetzter Abnehmer für Wasserstoff. Zuletzt wackelten die Pläne zur grünen Stahlproduktion am Standort Duisburg. Ja, räumte Gößmann ein, große Abnehmer wie die Stahlindustrie seien wichtige Ankerkunden. Jedoch plane Thyssengas ohnehin, das Netz breiter aufzustellen. "Unser Ziel ist es, eine breite Basis an Netznutzern zu gewinnen", erklärte er. Auch Förderinstrumente für Schlüsselindustrien seien notwendig, um diese Unternehmen bei ihrer Transformation zu unterstützen.
Kritik an Investitionsbedingungen
Gößmann sieht jedoch noch immer Nachholbedarf bei den Investitionsbedingungen für Netzbetreiber. "Um die dringend benötigten Investitionen zu ermöglichen, braucht es ein ausgewogenes Chancen-Risiko-Verhältnis", mahnte der Thyssengas-Chef. Hier sei die Politik beziehungsweise der Regulierer gefragt, gleiche Bedingungen wie im Stromsektor zu schaffen. Besonders der Selbstbehalt im Amortisationskonto und die Eigenkapitalrendite müssten verbessert werden. Auch die regulatorische Absicherung sei entscheidend für den Markthochlauf. Gößmann forderte klare Regeln zu Zugang und Nutzung des Kernnetzes sowie die Übertragung bewährter Mechanismen aus dem Erdgasmarkt auf den Wasserstoffsektor. Als Beispiele nannte er das Entry-Exit-System oder standardisierte Transportverträge.
Appell an die nächste Bundesregierung
Mit Blick auf die bevorstehenden Neuwahlen wünschte sich Gößmann von der neuen Bundesregierung Kontinuität, Tempo und Pragmatismus: "Es ist entscheidend, energiepolitischen Stillstand zu vermeiden." Zur Förderung des Wasserstoffmarktes forderte er klare Maßnahmen wie eine Quote für grüne Gase und gezielte Investitionsförderungen. Nur so könne Deutschland seine Position als Wirtschafts- und Innovationsstandort sichern. /tc
Das vollständige Interview mit Thomas Gößmann lesen Sie im heutigen Add-on Gas & Wärme.