Schärfere Regeln gegen Biodieselbetrug sollen kommen
Berlin (energate) - Der Biokraftstoffmarkt ist von diversen Betrugsfällen mit gefälschten Nachhaltigkeitszertifkaten aus dem asiatischen Markt gebeutelt. Bis heute sind nicht alle Fälle abschließend geklärt. Um künftig wieder einen funktionierenden Markt zu etablieren, hat das Bundesumweltministerium einen Referentenentwurf zur Novellierung der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung und der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung erarbeitet. Die Branche sieht Chancen in den Plänen zur Betrugsprävention.
Allen voran will das Ministerium den sogenannten Vertrauensschutz in Paragraf 17 der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung einschränken. Künftig können keine nachweislich gefälschten Zertifikate mehr auf Klimaschutzziele angerechnet werden. Was so selbstverständlich klingt, ist bisher nicht der Fall. Denn nach jetzigem Recht können Marktteilnehmer selbst eindeutig gefälschte Nachhaltigkeitsnachweise auf ihre THG-Quote anrechnen lassen, sofern dem Käufer der Nachweise keine Kenntnis von der Fälschung nachgewiesen werden kann. Dieser Nachweis ist laut Einschätzung des Bundesverbandes Bioenergie (BBE) in der Praxis quasi nicht zu erbringen.
Vertrauensschutz deckte Freigabe gesperrter Nachweise
Ursprünglich wurde der Vertrauensschutz eingeführt, um den internationalen Handel mit Biokraftstoffen zu erleichtern. In den vergangenen Jahren hat die Regelung allerdings dazu geführt, dass Erwerber von Nachhaltigkeitsnachweisen Hinweise auf deren mögliche Unwirksamkeit häufig ignorierten und sich stattdessen auf ihren "guten Glauben" verließen, wie der BBE erläuterte. Sobald Nachweise einmal vom Konto eines Produzenten auf das eines Händlers übertragen sind, ist eine Löschung durch die zuständige Behörde faktisch ausgeschlossen.
In der Praxis führte der Vertrauensschutz teilweise zu grotesken Situationen: Im Mai 2025 gab beispielsweise die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), die für die Verwaltung des Nachhaltigkeitsnachweissystems zuständig ist, temporär gesperrte Nachhaltigkeitsnachweise wieder frei, obwohl die Behörde selbst davon ausging, dass die Nachweise von einer nichtexistenten Anlage stammten und gefälscht waren.
Dementsprechend sind sich Bioenergieverband und die Initiative "Klimabetrug stoppen" einig, dass eine Reform der Verordnung an dieser Stelle entscheidend für die Betrugsbekämpfung ist: "Bislang waren Behörden selbst bei bestätigtem Betrugsverdacht häufig die Hände gebunden. Mit der überfälligen Reform des Paragrafen 17 können gefälschte Nachweise nun einfacher aberkannt werden. Das stärkt das Vertrauen in den Markt und sorgt für faire Bedingungen", kommentierte Stefan Schreiber, Sprecher der Initiative.
Ordnungswidrigkeiten sollten zu Straftaten werden
Darüber hinaus sieht der Referentenentwurf aus dem Umweltministerium vor, Zertifizierungsstellen stärker in die Pflicht zu nehmen, und zwar auf drei Arten: Die Ausweitung des Ordnungswidrigkeiten-Katalogs, die verpflichtende Akkreditierung von Zertifizierungsstellen und klarere Vorgaben für die Kontrollen.
Wer Zertifikate oder Nachhaltigkeitsnachweise ausstellt, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt wurden, soll in Zukunft den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen. Der Initiative "Klimabetrug stoppen" reicht dieser Schritt nicht aus. Die verstärkte Haftung von Zertifizierern sei zwar ein sinnvoller Schritt, die Strafe ist aber für eine Abschreckungswirkung nicht ausreichend, moniert sie. "Betrug mit Nachhaltigkeitszertifikaten ist Betrug am Klimaschutz und sollte als solcher als Umweltstraftat eingestuft werden“, forderte die Initiative daher. Diese können mit Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen bis zu fünfzehn Jahren geahndet werden, was aus Sicht des Branchenbündnisses ein wirksames Signal für Marktintegrität wäre.
Im Rahmen der Betrugsprävention sollen die Kontrollmöglichkeiten der Zertifizierungsstelle um einige Maßnahmen ergänzt werden. So soll beispielsweise neben weiteren Befugnissen bei begründeten Zweifeln eine Probenentnahme angeordnet und untersucht werden können. Außerdem sollen stichprobenartige Vor-Ort-Kontrollen bei Anfallstellen durchgeführt werden. Auch die BLE soll mehr Befugnisse erhalten.
BLE muss besser ausgestattet werden
Der Bundesverband Bioenergie sieht in diesen Vorgaben noch immer Lücken. Die Zuständigkeit der BLE beziehe sich ausschließlich auf Zertifizierungsstellen, die in Deutschland registriert sind, sowie die von diesen Zertifizierungsstellen kontrollierten Schnittstellen. Beauftragen Produzenten jedoch Zertifizierungsstellen mit Sitz im Ausland oder verlagert eine Stelle ihren Firmensitz dorthin, entziehe sich die Tätigkeit der Kontrolle durch die Bundesbehörde, kritisierte der Verband. Hinzu komme, dass Behörden kleinerer Mitgliedstaaten erfahrungsgemäß nur eingeschränkt bereit sind, aufwendige Verfahren wie beispielsweise Witness Audits durchzuführen. Dieses Defizit sei bereits von betrügerischen Marktakteuren gezielt ausgenutzt worden, bemängelte der Branchenverband. Seine Forderung: "Es muss daher verhindert werden, dass Produzenten bewusst auf im Ausland ansässige Zertifizierungsstellen ausweichen, um die nationale Aufsicht und Sanktionen zu umgehen."
Hierfür schlägt die Bioenergiebranche vor, ein staatliches Registrierungsverfahrens für Produzenten fortschrittlicher Biokraftstoffe einzuführen. Dieses soll auch für weitere erneuerbare Kraftstoffe aus Drittstaaten gelten, deren Anrechnung auf die Quote nicht gedeckelt ist. Dies betrifft sowohl Biokraftstoffe aus Rohstoffen nach Anhang IX Teil A als auch solche, die aus Abfällen und Reststoffen außerhalb dieses Anhangs stammen, ebenso wie RFNBO. Die Initiative "Klimabetrug stoppen" verwies darauf, dass die BLE ausreichende Kapazitäten, insbesondere personell benötigt, um ihre neuen Aufgaben bewältigen zu können. Das impliziere auch entsprechende finanzielle Mittel. /lm