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Offene Fragen zum Start des ETS 2

Berlin (energate) - Der geplante EU-Emissionshandel für Verkehr und Wärme (ETS 2) ist weiterhin mit vielen Fragezeichen versehen. Die wichtigste Frage dabei: Kommt der ETS 2 überhaupt wie geplant? Nach den bisherigen Plänen der EU-Kommission soll der CO2-Handel für fossile Brennstoffe zum 1. Januar 2027 starten, bereits ein Jahr später als ursprünglich von der Kommission vorgeschlagen. Seit Beginn dieses Jahres gelten Berichts- und Monitoring-Pflichten. Allerdings haben viele EU-Staaten die entsprechende EU-Richtlinie noch gar nicht umgesetzt. Zudem plädieren mehrere osteuropäische Staaten wie Tschechien und Polen für eine Verschiebung - Tschechien um ein Jahr, Polen sogar um drei Jahre.

 

Umweltstaatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter zeigte sich bei einer Diskussionsveranstaltung der Energiebörse EEX dennoch optimistisch: "Ich bin zuversichtlich, dass der ETS 2 kommt", sagte sie und verwies dabei auch auf ein Non-Paper, das 19 EU-Staaten, darunter Deutschland, lanciert haben. Das Papier macht Vorschläge, wie der Start des ETS 2 mit einer gewissen Preisstabilität und Vorhersehbarkeit versehen werden könnte. Dazu gehört eine flexible Marktstabilitätsreserve, die gerade zu Beginn ein schnelles Ansteigen des CO2-Preises verhindern soll. Das Non-Paper solle sicherstellen, dass der ETS 2 am 1. Januar 2027 "fair und funktionsfähig" startet. "Wichtig ist, dass alle Mitgliedstaaten mitziehen", so Schwarzelühr-Sutter.

 

ETS 2 möglicherweise klein starten

 

Brigitte Knopf, Direktorin des Thinktanks Zukunft Klimasozial, ist hingegen weniger optimistisch: "Die politischen Debatten sind hitzig", sagte sie bei der Diskussion, die am Mittwochabend (15. Oktober) in Berlin stattfand. Das gelte vor allem für Frankreich und Polen, wo im kommenden Jahr Wahlen anstehen. Die frühere Vizevorsitzende des Expertenrats für Klimafragen der Bundesregierung regt daher an, über Alternativen nachzudenken. Das könnte beispielsweise ein Start mit einer Gruppe von Vorreiterstaaten sein, die bereits eine CO2-Bepreisung im Wärme- und Verkehrssektor haben. "Das könnte zeigen, dass das System funktioniert, und später könnten weitere Länder beitreten", führte Knopf aus.

 

Große Spannbreite bei Preisprognosen

 

Große Ungewissheit gibt es auch mit Blick auf das künftige Preisniveau im ETS 2. "Im Moment herrscht maximale Unsicherheit", sagte EEX-CEO Peter Reitz. Es gebe zwar viele Studien, aber keine belastbaren Preissignale. Brigitte Knopf nannte mit Verweis auf entsprechende Untersuchungen für die Anfangsphase des ETS 2 eine Preisspanne von 50 bis 90 Euro. "Ich persönlich erwarte einen eher niedrigeren Einstieg, aber dann einen deutlichen Anstieg in Richtung 2030." Möglich seien dann 100 bis 160 Euro - aber auch höhere Preise, wenn die einzelnen Staaten beim Klimaschutz weiterhin nicht ambitioniert agieren. Umso wichtiger seien sozialpolitische Maßnahmen, die den CO2-Handel begleiten.

 

In Deutschland hätten sich die Menschen bereits an die zusätzliche CO2-Bepreisung gewöhnt. Der nationale CO2-Handel für Diesel, Benzin, Erdgas und Heizöl startete hierzulande schon 2021. "In anderen Ländern wird der Sprung von 0 auf 50 oder 60 Euro deutlich härter als bei uns", warnte Knopf. "Deshalb ist der Klimasozialfonds so wichtig", führte Umweltstaatssekretärin Schwarzelühr-Sutter aus. Aus diesem EU-Topf sollen Kompensationszahlungen vor allem für Menschen mit niedrigem Einkommen finanziert werden. Klimawissenschaftlerin Knopf verwies allerdings darauf, dass die Mittel des Klimasozialfonds alleine nicht reichen werden. "Wir brauchen zusätzliche Mittel aus dem KTF", betonte sie. Auch mehrere EU-Abgeordnete hatten jüngst eine vorgezogene Mittelausstattung des Klimasozialfonds vorgeschlagen, um nötige Akzeptanz zu schaffen.

 

EEX für Auktionierung bereit 

 

Offen ist außerdem die Frage, wer für die Durchführung des neuen ETS 2 auf Handelsseite verantwortlich sein wird. Die EU-Kommission wird bald ein gemeinsames Ausschreibungsverfahren für die Abwicklung des ETS 1 und des ETS 2 eröffnen. EEX-Chef Reitz machte deutlich, dass seine Börse dafür bereitsteht: "Nachdem wir die ETS-1-Auktionen die letzten 15 Jahre durchgeführt haben, werden wir uns natürlich auch diesmal wieder bewerben", sagte er. Auktionen im Rahmen des nationalen Emissionshandels finden bereits über die EEX statt. Auch Futures für ETS-2-Zertifikate hat die Börse mittlerweile eingeführt. "Die technische Infrastruktur steht, wir könnten morgen starten", versicherte Reitz. /cs

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