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NRW sorgt sich um den Braunkohleausstieg

Düsseldorf (energate) - Angesichts drohender Verzögerungen beim landeseigenen Braunkohleausstieg neigt sich in Nordrhein-Westfalen die Geduld im Warten auf eine Kraftwerksstrategie des Bundes dem Ende zu. Im Interview mit energate forderte die Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) ihre Kollegin auf Bundesebene auf, zügig ihre Pläne für die Ausschreibung gesicherter Leistung vorzulegen. Sie erinnerte an Aussagen von Katherina Reiche (CDU), wonach Details zu den geplanten Kraftwerksausschreibungen bis Ende des Jahres vorliegen sollen.

 

"Unsere Erwartung in Nordrhein-Westfalen ist klar: Diese Ankündigung muss jetzt auch in die Realität umgesetzt werden", sagte Neubaur. Sie verwies auf die Einigung von Bund, Land und dem Kraftwerksbetreiber RWE auf einen Braunkohleausstieg im Rheinischen Revier bis zum Jahre 2030. Die NRW-Landesregierung habe sämtliche Zusagen aus dieser Verständigung "unter großen Zumutungen" eingehalten und geliefert, betonte die Landesministerin. "Wer bis heute nicht geliefert hat, ist der Bund", richtete sie vorwurfsvolle Worte nach Berlin. 

 

Gehen die Braunkohlemeiler in die Reserve?

 

Die Grünen-Politikerin gab zu Bedenken, dass der Neubau von Kraftwerken in der Verständigung zwischen RWE, Bund und der NRW-Landesregierung aus dem Jahr 2022 verankert ist. Demnach sollen allein im Rheinischen Revier neue Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 5 bis 7 GW entstehen. "Es liegt in der Verantwortung des Bundes, dass diese Kraftwerke jetzt endlich kommen. Ansonsten muss der Bund auch die Folgen eines nicht erfolgten Braunkohleausstiegs verantworten", so Neubaur. Tatsächlich könnte sich eine Stilllegung der letzten Braunkohlemeiler verzögern, wenn diese aus Gründen der Versorgungssicherheit auch nach 2030 noch benötigt werden. Die gesetzlichen Grundlagen für den Kohleausstieg sprechen der Bundesregierung die Möglichkeit zu, die letzten Braunkohlekraftwerke in eine Reserve bis längstens 2033 zu überführen, wenn dies geboten erscheint. 

 

Das wissen auch die Verantwortlichen im RWE-Konzern: Die Überführung der Braunkohlekraftwerke in die Reserve sei "grundsätzlich möglich", erklärte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. Die Details eines solchen Einsatzregimes seien jedoch noch nicht geregelt. Auch sei nicht absehbar, "ob die Bundesregierung von dieser Option überhaupt Gebrauch machen möchte", hieß es aus Essen. Ohnehin seien alle Planungen bei RWE darauf ausgerichtet, "den Kohleausstieg 2030, wie im Kohleausstiegsgesetz vorgesehen, umzusetzen", betonte der Sprecher. Offen lassen diese Aussagen indes die Frage der Kohleförderung. Ein weiterer Betrieb der Kraftwerke über 2030 hinaus würde voraussetzen, dass auch genügend Braunkohle vorgehalten wird, was wiederum einen längeren Betrieb der Tagebaue erfordern könnte. Allerdings leitet sich aus der Zuweisung von Systemrelevanz keine direkte rechtliche Pflicht zum Weiterbetrieb der Tagebaue ab.

 

Über die Systemrelevanz entscheidet am Ende der Übertragungsnetzbetreiber Amprion. Das Unternehmen erklärte auf energate-Anfrage, man gehe zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, "dass der Braunkohletagebau in Nordrhein-Westfalen 2030 planmäßig endet". Allerdings müsse verbindlich geklärt werden, "ob und welche Kohlekraftwerke wir über 2031 hinaus als Reserve benötigen". 

 

"Wasserstoffmarkt steht still"

 

Im Interview mit energate erinnerte NRW-Ministerin Neubaur auch daran, dass Reiches Vorgänger Robert Habeck (Grüne) bereits 2023 eine Einigung über Kraftwerksausschreibungen mit der EU-Kommission erzielt hatte. Die Pläne des Grünen-Politikers sahen jedoch starre Vorgaben für die Umrüstung auf Wasserstoff vor, was viele Kraftwerksbetreiber angesichts der schleppenden Marktentwicklung abschreckte. Sie sahen zu viele Unwägbarkeiten und damit Risiken auf ihrer Seite. Neubaur insistierte dennoch: Die Kraftwerksstrategie müsse "den Umbau in Richtung einer klimaneutralen Energieversorgung ambitioniert betreiben". Dafür seien klare Vorgaben für eine Umrüstung auf Wasserstoff unerlässlich. Dies sei auch notwendig, um die Nachfrage nach Wasserstoff anzukurbeln. Denn: "Momentan steht der Wasserstoffmarkt still und Bundesministerin Reiche trägt aktuell nichts dazu bei, dieses Henne-Ei-Problem zu lösen", übte sie Kritik an der zögerlichen Bundespolitik.  

 

Für Nordrhein-Westfalen geht es bei der Kraftwerksstrategie aber um mehr als den Braunkohleausstieg. Die geplanten Kraftwerksausschreibungen sollen die Zukunft zahlreicher Standorte sichern und zugleich als Konjunktur- und Beschäftigungsmotor wirken. Allein der RWE-Konzern steht mit drei NRW-Kraftwerksstandorten für die Ausschreibungen in den Startlöchern: Voerde, Weisweiler und Werne. Mit Hamm-Uentrop (Trianel), Bergkamen (Steag Iqony) und Scholven (Uniper) kommen mindestens drei weitere hinzu. Nur diese bereits bekannt gewordenen Projekte im Wartestand kommen auf mehr als 3 GW an gesicherter Leistung in Nordrhein-Westfalen. "Bundesministerin Reiche muss diesen Wartezustand, der nur zu Verunsicherung und Investitionszurückhaltung führt, endlich beenden", appellierte NRW-Ministerin Neubaur.  /rb

 

Das vollständige Interview mit NRW-Energieministerin Mona Neubaur lesen Sie hier

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