Neue Regularien für Gasnetzentgelte ab 2025
Bonn (energate) - Die Gasnetzbetreiber können bei der Berechnung ihrer Netzentgelte für 2025 schon neue Abschreibungsregeln zugrunde legen. Die zuständige Beschlusskammer der Bundesnetzagentur hat hierzu nun KANU 2.0 veröffentlicht. Bei der Festlegung zur Anpassung von kalkulatorischen Nutzungsdauern und Abschreibungsmodalitäten von Erdgasleitungen geht es im Kern um eine schnellere Abschreibung der Gasnetzinfrastruktur, frühestens schon zum Jahr 2035. Das wird auch die Netzentgelte steigen lassen.
Die Bundesnetzagentur erwartet allerdings nur einen moderaten Anstieg, wie Barbie Haller, Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, im Interview mit energate erklärte. "Es geht auf jeden Fall nicht um übermäßige Kostensteigerungen", so Haller. Die Regulierungsbehörde rechnet damit, dass der Effekt von KANU 2.0 auf die Netzentgelte im Extremfall bis zu 20 Prozent ausmachen kann. Umgerechnet auf den aktuellen Gesamtpreis für Erdgas liege der Effekt im einstelligen Prozentbereich.
Netzbetreiber müssen Erhöhungen begründen
Die Gasnetzbetreiber müssen zum 15. Oktober ihre neuen Netzentgelte veröffentlichen. Hier könnte KANU 2.0 schon zum Tragen kommen. Ein Marktteilnehmer, mit dem energate gesprochen hat, erwartet allerdings, dass 2025 viele Verteilnetzbetreiber ihre Abschreibungsmodalitäten noch nicht anpassen werden. Dazu käme KANU 2.0 zu kurzfristig.
Während ein Großteil der Unternehmen also wohl noch rechnen muss, geht die Bundesnetzagentur schon davon aus, dass sich einige "an die Grenze nach oben legen werden". Hier will die Behörde genau hinschauen, kündigte Haller an. Denn ohne Anlass sei eine beschleunigte Abschreibung nicht zulässig. "Netzbetreiber, die besonders schnell abschreiben wollen, müssen das bei der Bundesnetzagentur anzeigen und gut begründen", stellte die Vizepräsidentin klar. Die Pflicht dazu hat die Behörde sogar nochmal geschärft, insofern als dass die zuständige Beschlusskammer auch einschreiten kann, wenn Entgelterhöhungen nicht nachvollziehbar sind.
"Die Netzbetreiber werden nun sorgfältig abwägen, ab wann und in welchem Umfang sie die neuen Abschreibungsmöglichkeiten nutzen", kommentierte dies Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Branchenverbands BDEW, auf energate-Nachfrage. Ein Nutzungsdauer-Ende vor 2045 würde aus ihrer Sicht nur dann angesetzt, wenn entsprechende Vorgaben, etwa Landesgesetze, kommunale Wärmeplanungen oder Transformationspläne vorliegen.
Ausstieg aus Erdgasversorgung bis 2045
Hintergrund von KANU 2.0 ist, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein will. Die Gasleitungen dürfen dann kein fossiles Erdgas mehr transportieren. Wie viel der Verteilnetzinfrastruktur künftig für Wasserstoff gebraucht wird, ist unklar. Bislang ist zwar noch kein größerer Rückgang der Gasanschlüsse zu verzeichnen. Dennoch ist absehbar, dass es künftig zu regional unterschiedlicher Nutzung der Gasnetze kommen wird, denn einige Länder und Kommunen planen einen noch schnelleren Ausstieg aus der Gasversorgung. Die Netzbetreiber stellen sich deswegen zunehmend auf eine - zumindest teilweise - Stilllegung ihrer Leitungen ein. Die Festlegung KANU 2.0 soll diese Transformation abbilden und dafür sorgen, dass sich die anfallenden Kosten der Vorhaltung einer umfassenden Gasinfrastruktur noch auf möglichst viele Schultern verteilen lassen.
Klarstellung zu zeitlicher Befristung
Einen ersten Entwurf hatte die Bundesnetzagentur dazu im Juli veröffentlicht. Große Veränderungen bringt die nun vorliegende finale Fassung nicht mit sich, wohl aber eine Klarstellung. Denn die Energieverbände hatten vor allem die ursprünglich enthaltende zeitliche Befristung kritisiert. Dadurch verbleibe eine hohe Unsicherheit in der Branche, hieß es. Die Sorge war für die Regulierungsbehörde nicht ganz nachvollziehbar, weil die Frist lediglich dem dann geltenden neuen Regulierungsregime ("NEST") geschuldet gewesen sei. "Sie können davon ausgehen, dass wir nicht daran gedacht haben, 2028 mit dem Thema aufzuhören. Das würde ja gar keinen Sinn ergeben", sagte Haller dazu zu energate. KANU 2.0 sei ja gerade ein Instrumentarium, das für eine lange Zeit angelegt ist. "In der Perspektive geht es uns ja um den Netzkunden 2045, den wir schützen wollen."
Deckel für degressive Abschreibung bei 12 Prozent
Klarheit gibt es mit der Festlegung jetzt auch bei der degressiven Abschreibung. Haller wies im Interview mit energate daraufhin, dass es hier um die Zinssätze intensive Diskussionen gegeben hatte. Bei den insgesamt rund 70 Stellungnahmen, welche die Bundesnetzagentur zu KANU 2.0 erreicht hatten, war der passende Abschreibungssatz eines der Hauptthemen. Im ersten Eckpunktepapier aus März hatte die Bundesnetzagentur noch einen festen Satz von 15 Prozent vorgeschlagen. Marktteilnehmer hatten diesen fixen Satz als zu wenig flexibel und häufig als zu hoch angesehen. In ihrem Festlegungsentwurf hatte die Behörde deshalb einen Korridor von 8 bis 12 Prozent vorgeschlagen. An diesem hält sie in der finalen Festlegung nun auch fest. "Das war eine Sache, wo wir unterschiedliche Interessen abwägen mussten. Aber ich denke, wir haben einen guten Kompromiss gefunden", so Haller dazu.
Insgesamt kam vom Branchenverband BDEW positives Feedback zu KANU 2.0, es sei erfreulich, dass die Bundesnetzagentur in der Festlegung mehrere Branchenvorschläge aufgegriffen habe. Allein bei der Anschlussregelung ab 2028 hätte sich der Verband "eine unbürokratischere Umsetzung und eine höhere Planbarkeit" gewünscht, merkte Andreae weiter an. Stefan Missling, Partner der Rechtsanwälte Becker Büttner Held, sagte energate, KANU 2.0 sei eine gute Regelung für Verteilnetzbetreiber. Erwartungsgemäß habe es im Vergleich mit dem Entwurf keine größeren Änderungen ergeben. Allerdings bereiten die verschärften Begründungspflichten den Netzbetreibern etwas Unbehagen.
Die vollständige Festlegung hat die Regulierungsbehörde auf ihrer Homepage veröffentlicht. /ml