Neue BEE-Präsidentin will mit Verband lauter werden
Berlin (energate) - Zum 1. Oktober hat Ursula Heinen-Esser das Präsidentinnenamt des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) übernommen. Die CDU-Frau bekleidete zuvor verschiedene politische Posten. Im Kabinett Merkel II war sie etwa Staatssekretärin im Bundesumweltministerium - gleichzeitig mit der heutigen Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Nun stehen sich die früheren Kolleginnen in einigen Positionen diametral gegenüber.
In den zehn Schlüsselmaßnahmen etwa, die Reiche mit dem Monitoringbericht zur Energiewende veröffentlichte, stünden "Punkte, die uns nicht glücklich machen", sagte Heinen-Esser im energate-Interview. Der Stromverbrauchskorridor müsse beispielsweise anders adressiert werden, auch in Hinblick auf das absehbare Wachstum von Rechenzentren. Aber auch im Verkehr und bei der Wärme werde Strom an Bedeutung gewinnen. Das müsse sich in den Prognosen zum Stromverbrauch widerspiegeln. "80 Prozent Erneuerbare bis 2030 sind das Ziel. Aber 80 Prozent von 600 TWh sind eben etwas anderes als 80 Prozent von 700 oder 750 TWh. Dahinter stehen dann auch ganz andere Wachstumszahlen der erneuerbaren Energien", so Heinen-Esser.
Mit dieser Botschaft werde sie auch in den Bundestag gehen. "Wir werden sehr klar sagen, welchen Nutzen die Erneuerbaren haben", sagte die BEE-Präsidentin, die in Nordrhein-Westfalen von 2018 bis 2022 Umweltministerin war. Auch werde sie erklären, wie Erneuerbare zu mehr Flexibilität und Versorgungssicherheit beitragen könnten. Das seien "aktuell ja die politischen Keywords".
Auch die Synchronisierung von Netz- und Erneuerbarenausbau, wie sie die Bundesregierung plant, sieht Heinen-Esser kritisch. Es bestünde die Gefahr, dass der Netzausbau den Ausbau der Erneuerbaren bremse. Der Probleme, auch beim Anschluss von Batteriespeichern, sei sie sich bewusst. "Meine Erwartung ist, dass Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur gemeinsam an Lösungen arbeiten", erklärte Heinen-Esser, die das BEE-Amt von der Grünen-Politikerin Simone Peter übernahm.
Gegen CCS an Gaskraftwerken
An die Kraftwerksstrategie hat die neue BEE-Präsidentin ebenso klare Erwartungen. "Wir sind der Meinung: je weniger Gaskraftwerke, desto besser." Ganz ohne werde es nicht gehen, Biogas dürfe in der Diskussion aber nicht vernachlässigt werden. Auch die Wasserstofffähigkeit der Anlagen sei entscheidend. "Wenn wir jetzt sagen, wir lassen die Option CCS zu, bauen wir womöglich fossile Kraftwerke für die Ewigkeit. Das sehe ich sehr kritisch", so die frühere Umweltministerin. Welche Teile der Strategie überhaupt grünes Licht bekommen, ist noch ungewiss. Die EU-Kommission hält sich derzeit bedeckt dazu. Indirekt ist aber immer wieder durchzuhören, dass sie die von der Bundesregierung geplante Strategie kritisch sieht. Bundeswirtschaftsministerin Reiche hatte die Branche zuletzt auf längere Wartezeiten eingestimmt.
Eile bei Gesetzen, mehr Zeit zur Beratung
Heinen-Esser sieht Deutschland beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf einem guten Weg. Dies zeige, dass es hierzulande noch Erfolgsgeschichten gebe. "Wir sollten uns trauen, uns über diesen Erfolg zu freuen und den Weg konsequent weiterzugehen." Dazu müsse die Bundesregierung zügig die EEG-Novelle vorlegen. Auch beim Gebäudeenergiegesetz müsse schnell klar werden, wie es weitergeht. Der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Andreas Lenz hatte der Branche jüngst Hoffnung gemacht, dass bis Ende November ein Eckpunktepapier zur Novellierung des "Heizungsgesetzes" veröffentlicht werde.
Die Verbandspräsidentin plädierte zudem für "eine ausreichende Beratungszeit für alle Beteiligten". Das sei in der Vergangenheit bei zahlreichen Energiegesetzen oft nicht gewährleistet gewesen. Auch andere Verbände hatten bei mehreren Gesetzesvorgängen Kritik an der aus ihrer Sicht zu kurzen Beratungszeit geübt. Der BDEW hatte sich etwa über die sechstägige Beratungszeit bei der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes beschwert. Dies sei viel zu kurz.
Mengenförderung und Erwartungen zu Gesprächen
Beim Umbau der Erneuerbarenförderung plädiert Heinen-Esser dafür, "weg von einer starren zeitlichen Förderung hin zu einer Mengenförderung zu kommen". Damit werde eine bestimmte Strommenge definiert, die gefördert wird. "Das würde insbesondere auch die von der Bundesregierung gewünschte Marktorientierung stärken und Stunden mit negativen Preisen reduzieren." Es sei vernünftig, Marktanreize dafür zu setzen, dann einzuspeisen, wenn es für das System am sinnvollsten ist.
Heinen-Esser sieht es als eine ihrer Aufgaben, mit dem BEE "an der einen oder anderen Stelle etwas lauter" zu werden und "entschlossener" aufzutreten. Es sei dabei gut, mit Katherina Reiche "jemanden im Wirtschaftsministerium zu haben, die weiß, wovon sie spricht". Das werde es einerseits erleichtern, mit ihr im Gespräch zu sein. "Andererseits werden die Gespräche aber auch sicherlich nicht einfach", sagte die neue Verbandspräsidentin. /kij
Das ganze Interview mit Ursula Heinen-Esser können Sie hier lesen.