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Monopolkommission drängt auf Reformen bei Gas und Wärme

Berlin (energate) - Die Monopolkommission hat ihr zehntes Sektorgutachten Energie an das Bundeswirtschaftsministerium übergeben. Auf gut 200 Seiten finden sich zahlreiche Vorschläge für ein wettbewerbsfähigeres, effizienteres und transparenteres Energiesystem. Einiges davon haben die Regierung und auch die Bundesnetzagentur auf der Agenda. Vor allem bei der Fernwärmeregulierung gibt es aus Sicht der Wettbewerbshüter allerdings Nachholbedarf - das dürfte die Branche jedoch anders sehen.

 

"Nur wenn wir die Ursachen der hohen Energiepreise angehen, können wir dauerhaft etwas erreichen. Das Lindern von Symptomen genügt nicht", erklärte Tomaso Duso, der Vorsitzende der Monopolkommission. Es brauche stärkere Anstrengungen beim Umbau des Energiesystems. Für den Stromsektor bedeutet das laut Gutachten eigentlich einen Strompreiszonensplit in Nord und Süd oder ein Nodal-Pricing-Regime, bei dem die Netzkosten je nach Ein- und Ausspeisepunkt variieren. Doch sowohl die vier Übertragungsnetzbetreiber als auch die Bundesregierung wollen bei einer deutsch-luxemburgischen Gebotszone bleiben.

 

Das weiß auch die Kommission, daher schlägt sie eine Third-Best-Lösung vor: eine Reform der Netzentgelte. Die zeitvariablen Tarife, die seit April für steuerbare Verbrauchseinheiten gelten, sollen ausgeweitet werden. Netzbetreiber sollen die Chance bekommen, Peak- bzw. Off-Peak-Zeiträume an regionale Gegebenheiten anzupassen. Allerdings sieht die Kommission dies nur als Übergangsinstrument, um mehr Netzdienlichkeit anzuregen. Langfristig sollen "echte" dynamische Netzentgelte eingeführt werden, die die prognostizierte Netzlast in 15-Minuten-Intervallen abbilden und in einen räumlich variablen Arbeitspreis übersetzt werden. An ähnlichen Ansätzen arbeitet die Bundesnetzagentur derzeit im Rahmen des AgNes-Festlegungsprozesses. Erst jüngst stellte Barbie Haller, Vizepräsidentin der Bonner Behörde, dynamische Netzentgelte in Aussicht. Wie konkret das aussehen könnte, wird im weiteren Prozess ausgehandelt.

 

Fernwärme soll Price-Cap bekommen

 

Ebenfalls Gegenstand des Sektorgutachtens und des AgNes-Prozesses ist der Ansatz, Speicher stärker an den Netzentgelten zu beteiligen - dies stößt in der Branche immer wieder auf Widerstand. Die Monopolkommission schlägt hierzu vor: Das Netzentgeltsystem sollte die jeweilige Netzauslastung widerspiegeln. Vor einem Engpass wirkt Einspeisung netzbelastend und sollte hohe Entgelte verursachen, während Ausspeisung entlastend wirkt und negative Entgelte zur Folge haben sollte. Hinter dem Engpass kehrt sich dieses Verhältnis um. Ohne Engpass sollten keine Netzentgelte anfallen, da beide Operationen netzneutral seien.

 

Mit ihren Vorschlägen zur Reform des Fernwärmemarktes gibt die Monopolkommission der Bundesregierung ziemlich viele Hausaufgaben auf. So plädiert die Kommission in dem Gutachten dafür, den Wettbewerb in dem monopolisierten Markt zu stärken. Möglich wäre dies beispielsweise über die gesetzliche Absicherung des sogenannten Drittzugangs. Dieser soll Kontraktoren das Recht auf die Belieferung und Wärmeproduzenten das Recht auf Einspeisung ermöglichen. Für große Netze soll dies in einem Durchleitungsmechanismus ähnlich zum Stromsystem münden. Diese Position hatte die Kommission bereits in ihrem Hauptgutachten "Wettbewerb" 2024 vertreten. Die Verbände AGFW und VKU, in denen zahlreiche Fernwärmenetzbetreiber organisiert sind, halten davon wenig. Die Annahme, dass der Drittzugang zu niedrigeren Verbraucherpreisen führen würde, sei nicht belegt, stattdessen fürchtet z. B. der VKU sogar erhebliche Mehrkosten durch den technischen und wirtschaftlichen Aufwand. Geregelt werden könnte dies künftig in der Fernwärmeverordnung oder der Wärmelieferverordnung. Beide wollte die Ampel bereits novellieren, kam aber nicht mehr dazu. 

 

Ähnlich viel Widerstand dürfte der erneute Vorschlag einer vereinfachten Price-Cap-Regulierung im Fernwärmemarkt auslösen. Bereits vor einem Jahr hatte der VKU eine solche Regelung im damaligen Hauptgutachten abgelehnt. Die angedachte anreizbasierte Regulierung legt eine - z. B. jährlich angepasste - Benchmark für Fernwärmepreise fest, die nicht überschritten werden darf. Diese spiegelt sich am besten in einem bundesweit einheitlichen Grundpreis wider, so das Gutachten. Regionale Kostenunterschiede sollen dabei ignoriert und hochpreisige Anbieter diszipliniert werden.

 

Preistransparenzplattform soll verpflichtend werden

 

Mehr Chancen auf Umsetzung hat der Vorschlag, die Preistransparenzplattform für Fernwärme zu einer verpflichtenden Plattform auszubauen. Die Plattform könnte auch künftig von den Verbänden AGFW, BDEW und VKU betrieben werden, allerdings müssten dann dort alle Fernwärmeunternehmen erfasst werden.

 

Für Gasverteilnetzbetreiber sieht das Sektorgutachten eine verpflichtende Prognose für Angebot und Nachfrage von Gas und Wasserstoff vor. Auf dieser Basis soll dann die Entscheidung über Stilllegung, Umwidmung oder Weiterbetrieb erfolgen. Die Stilllegung von Teilnetzen sollte dabei rechtlich ermöglicht und ökonomisch angereizt werden, um den Gasausstieg rechtssicher und kosteneffizient zu machen. Insgesamt sollte der Rückbau zugunsten der Stilllegung vermieden werden, da er deutlich teurer ist, so die Empfehlung des Gutachtens. Der Umbau von Gasverteilnetzen zu Wasserstoffnetzen sollte nur durch die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer von Wasserstoff finanziert werden.

 

Eine Quersubventionierung der Wasserstoffinfrastruktur durch die Kundinnen und Kunden der Gasverteilnetze lehnen die Wettbewerbshüter ab. Auch die Bundesregierung arbeitet derzeit am regulatorischen Rahmen für den Gasnetzrückbau und den Umstieg auf Wasserstoff. So kursiert derzeit ein Entwurf zur EnWG-Novelle. Vor allem die Finanzierung der H2-Verteilnetze könnte hier noch für Empörung in der Branche sorgen, genau wie die Informationspflicht von zehn Jahren vor der Kappung von Netzanschlüssen.

 

Die Monopolkommission legt alle zwei Jahre ein Sektorgutachten vor, um den aktuellen Stand und die absehbare Entwicklung des Wettbewerbs auf verschiedenen Märkten des Energiesektors abzubilden und zu aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen Stellung zu nehmen. /lm

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