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Leipziger Stadtwerke stoppen Wasserstofftests

Leipzig (energate) - Aus den Wasserstofftests im Heizkraftwerk Leipzig Süd wird vorerst nichts. Das bestätigten die Leipziger Stadtwerke auf Anfrage von energate. Das Projekt Burn4H2 habe immer unter der aufschiebenden Bedingung gestanden, dass es vom Bund gefördert wird, erläuterte ein Stadtwerkesprecher. "Da dies bis heute, trotz anderslautender Absichtserklärungen, nicht erfolgt ist, haben sich unsere Prioritäten für dieses Projekt verschoben." Sollte sich an der Situation etwas ändern, "können wir sofort starten", so der Sprecher weiter.

 

Im Burn4H2-Projekt sollte der Betrieb von Wasserstoffturbinen "im Energiesystemverbund aus verschiedenen Energiespeichern, Solarthermie, Wärmepumpen, Elektrolyseuren und regenerativen Energieerzeugern" untersucht werden, heißt es auf der Projektseite der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig. Ziel war es, eine kostenoptimierte Fahrweise für den gesamten Energieverbund zu ermitteln. Neben den Leipziger Stadtwerken ist auch der Turbinenhersteller Siemens Energy Partner des Projekts.

 

Es fehlt bezahlbarer grüner Wasserstoff

 

Das vor knapp zwei Jahren eröffnete Heizkraftwerk Süd ist grundsätzlich auf den Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff ausgelegt. Im kommenden Jahr sollten die ersten Testdurchläufe mit der Beimischung von Wasserstoff starten, doch das Projekt wird laut den Stadtwerken nicht weitergeführt. Das liegt nicht allein an den fehlenden Fördergeldern. "Für den Dauerbetrieb des Kraftwerks mit Wasserstoff fehlt es derzeit sowohl an der Infrastruktur als auch an verfüg- und bezahlbarem grünem Wasserstoff", führte der Stadtwerkesprecher aus. Schon im Sommer 2024 bezeichnete Stadtwerke-Geschäftsführer Maik Piehler das Vorhaben im Interview mit energate unter den gegebenen Umständen als "nur begrenzt wirtschaftlich attraktiv". 

 

Dass zurzeit gerade mittelständische Projekte daran scheitern, dass der grüne Wasserstoff nicht bezahlbar ist und die höheren Kosten im Vergleich zu Erdgas nicht refinanzierbar sind, das hatte jüngst auch der Vorstandsvorsitzende der mittelständischen Westfalen AG, Thomas Perkmann, im Interview mit energate deutlich gemacht. Ähnliches weiß auch eine Studie der DMT Energy Engineers für die Region Emscher-Lippe zu berichten.

 

Aus für H2-Netzprojekt Green Bridge 

 

Was die Infrastruktur angeht, so war eigentlich die EnviaM-Tochter Mitnetz Gas vorgesehen, mit dem Projekt Green Bridge einen Anschluss ans Wasserstoff-Kernnetz für die Region Leipzig-Halle zu schaffen. Doch im Juni kündigte EnviaM an, aus dem Projekt auszusteigen, an dem auch Envia Therm mit dem Bau eines Elektrolyseurs beteiligt war. Hintergrund: Der Eon-Konzern, zu dem EnviaM gehört, hat seine Schwerpunktsetzung beim Thema Wasserstoff neu geordnet. Weil der Markthochlauf nicht vorankommt, würden Projekte zum Import, zur Produktion und im Bereich Mid-Stream "depriorisiert", hieß es Ende 2024.

 

"Aufgrund der wirtschaftlichen Risiken und der regulatorischen Herausforderungen hat die EnviaM-Gruppe beschlossen, das Projekt Green Bridge derzeit nicht weiterzuverfolgen", bestätigte eine Sprecherin der Mitnetz Gas auf Nachfrage. Wie schon die Leipziger Stadtwerke betonte auch der Netzbetreiber aus Cottbus: "Sollten sich die Rahmenbedingungen in Bezug auf Wasserstoff in der Zukunft ändern, ist eine positive Entwicklung des Vorhabens denkbar."

 

Überschussstrom für die Elektrolyse

 

Mitnetz Gas war zusammen mit der Konzernschwester Mitnetz Strom beim Thema Wasserstoff bis zuletzt sehr engagiert. Noch vor einem Jahr setzten die beiden Netzbetreiber auf den reichlich vorhandenen Überschussstrom aus erneuerbaren Energien, der im eigenen Netzgebiet regelmäßig ins Übertragungsnetz zurückgespeist werden muss. Mit dem Aufbau von Elektrolysekapazitäten könnte dieser Strom in der Region anders genutzt und leichter gespeichert werden, etwa im Energiepark Bad Lauchstädt. Mit Projekten wie Hypos und H2 Infra hat Mitnetz Gas wichtige Forschungsvorhaben im Bereich Wasserstofftransport und -verteilung durchgeführt.

 

Für Green Bridge wurden laut EnviaM mit Nobian und der Leag Partner bei der Elektrolyse an Bord geholt. Auf der Abnehmerseite stehen der Flughafen Leipzig-Halle, DHL, Total Energies, Verbio sowie die Automobilhersteller BMW und Porsche. Bei Total Energies hieß es auf Anfrage, das Unternehmen sei nicht als Projektpartner an Green Bridge beteiligt. Für die Wasserstoffversorgung der Raffinerie in Leuna setze Total auf die Elektrolyse in Bad Lauchstädt.

 

BMW setzt in Leipzig auf bivalente Brenner

 

BMW nutzt heute schon Wasserstoff am Standort Leipzig und bekräftigte auf Anfrage, daran festhalten zu wollen. In der Lackiererei nutzt BMW eine bivalente Brennertechnologie, die entweder Erdgas oder Wasserstoff nutzen kann, erläuterte ein Sprecher. Die Umstellung der Brennstoffe sei sogar im laufenden Betrieb möglich. Fünf Brenner bei der Trocknung von Kontrastdächern und sechs in der PVC-Trocknung wurden bereits ausgetauscht, weitere Umrüstungen seien geplant. Langfristig könne so ganz auf Erdgas verzichtet werden. "Unsere Leipziger Vision ist die weitgehende Dekarbonisierung der Produktion", erklärte Petra Peterhänsel, Leiterin BMW Group Werk Leipzig.

 

Mit den bivalenten Brennern kann BMW flexibel auf Verzögerungen beim Wasserstoffhochlauf reagieren. So zeigte sich Jörn-Heinrich Tobaben, Vorstandsmitglied des mitteldeutschen Wasserstoffnetzwerks Hypos, gegenüber dem "MDR" denn auch optimistisch: Die Großindustrie sei auf dem Transformationspfad und gehe ihn weiter. Geändert habe sich dagegen die Markteinschätzung des Mittelstands. "Jetzt kommt eine Art Reality-Check in der Form, dass man erkennt, grüner Wasserstoff ist unverändert knapp und teuer in Relation zur klassischen Gasversorgung für wärmegeführte Prozesse."

 

Projekt wird nicht weiterverfolgt

 

Für das Green-Bridge-Projekt bedeutet dies das Aus. Mitnetz Gas konstatiert: "Unseres Wissens wird das Projekt auch nicht durch andere Unternehmen weiterverfolgt." Das BMW-Werk in Leipzig könnte, so wird in Presseberichten spekuliert, alternativ auch direkt vom Fernleitungsnetzbetreiber Ontras angeschlossen werden. Das Unternehmen wollte die Gerüchte auf Anfrage nicht näher kommentieren. Grundsätzlich befinde sich Ontras mit zahlreichen interessierten Unternehmen im Netzgebiet in Gesprächen hinsichtlich einer möglichen Anbindung. "Auch mit Verteilnetzbetreibern in Mittel- und Ostdeutschland stehen wir weiterhin zum Thema Wasserstoff in Kontakt", so ein Sprecher des Fernleitungsnetzbetreibers. Ein Übergang der ursprünglich für den Kernnetzanschluss in Leipzig vorgesehenen Bestandsleitung der Mitnetz ist zumindest nicht beabsichtigt. "Netzverkäufe sind unsererseits nicht geplant", schloss die Mitnetz-Sprecherin aus. /tc

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