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Keine Hinweise auf Marktmanipulation bei Preisspitzen

Bonn (energate) - Das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur sehen Marktmechanismen als Ursache für die Strompreisspitzen im Jahr 2024 an. Hinweise auf missbräuchliche Verhaltensweisen gebe es auch nach eingehender Untersuchung nicht, teilten die beiden Behörden mit. Zudem hätten Stromimporte noch extremere Preise verhindert. Nicht auszuschließen ist aber, dass es auch in diesem Winter wieder zu erheblichen Preisspitzen kommen könnte, wie energate aus dem Markt erfuhr.

 

An fünf Tagen im November und Dezember 2024 waren die Preise pro Megawattstunde zeitweise über 300 Euro gestiegen, in der Spitze lag der Preis über 900 Euro. Solch hohe Preise waren laut dem Untersuchungsbericht historisch auch während Dunkelflauten nur selten. Zudem überstiegen die beobachteten Preise teils die Erzeugungskosten selbst sehr teurer Kraftwerke deutlich.  

 

Dies hatte teilweise den Verdacht geweckt, es könne sich um Marktmanipulation handeln. Denn solch hohe Preise können zwar das Ergebnis von geringem Angebot sein. Tatsächlich gab es an den betreffenden Tagen eine sogenannte Dunkelflaute, Wind- und PV-Strom fehlte also weitgehend. Allerdings kann auch künstliche Angebotsverknappung Preisspitzen verursachen oder zumindest befeuern. Aber, so Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "Unsere Ermittlungen haben keine Hinweise auf eine missbräuchliche Zurückhaltung von Erzeugungskapazitäten durch eines der fünf größten Stromerzeugungsunternehmen während der beiden Dunkelflauten Ende 2024 ergeben." Zu den "Big Five" der Stromversorgung gehören RWE, EnBW, Leag, Uniper und Vattenfall.

 

Lediglich wenige, sehr teure Erzeugungseinheiten nicht am Netz

 

Bei den Untersuchungen zu einem möglichen Marktmissbrauch gab es eine Aufgabenteilung zwischen Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur. Das Bundeskartellamt fokussierte sich auf Kraftwerke mit einer Leistung größer als 10 MW, die einem der fünf großen Erzeuger gehören. Die Bundesnetzagentur nahm derweil mögliche Verstöße gegen die Marktmissbrauchsverbote der EU-Handelsverordnung Remit und steuerbare Kraftwerkskapazitäten unter die Lupe.

 

Das Bundeskartellamt prüfte zum einen, ob verfügbar gemeldete Kraftwerke auch eingesetzt wurden. Zum anderen, ob die Kraftwerke, deren Kapazitäten ganz oder teilweise als nicht verfügbar gemeldet wurden, tatsächlich nicht verfügbar waren. Das Ergebnis für zwei der betroffenen Tage: Die freie Kapazität der als verfügbar und nicht eingesetzt gemeldeten Erzeugungskapazitäten betrug in Summe über die fünf großen Erzeuger am 6. November 2024 zwischen 17 und 19 Uhr durchschnittlich lediglich 170 MW. Am 12. Dezember 2024 waren es zwischen 16 und 18 Uhr 410 MW. Bei dieser verbleibenden Restkapazität handelt es sich nach Angaben des Bundeskartellamtes im Wesentlichen um hochflexible Speicher oder flexiblere Kraftwerke mit besonders hohen Grenzkosten.

 

Auch die Bundesnetzagentur kommt zu dem Schluss, dass die Betreiber die als verfügbar gemeldeten Braun- und Steinkohlekraftwerke an den betreffenden Stunden umfassend einsetzten. Bei Erdgas- und Pumpspeicherkraftwerken hätten zwar noch Restkapazitäten zur Verfügung gestanden. Jedoch: Der Anteil an marktlich verfügbaren, aber ungenutzten steuerbaren Kraftwerkskapazitäten sei deutlich geringer gewesen als zunächst vermutet. In den teuersten Stunden am 6. November und 12. Dezember 2024, jeweils in der Lieferstunde 17 bis 18 Uhr, standen nach Schätzung der Bundesnetzagentur noch etwa 4.500 MW beziehungsweise 3.400 MW an Marktkapazitäten zur Verfügung. Gleichzeitig hätte es noch etwa 12.000 bis 13.000 MW an Reserven und Regelenergie gegeben. "Die sichere Stromversorgung war daher zu jedem Zeitpunkt gewährleistet", konstatiert die Bundesnetzagentur. Auch beim Handelsverhalten konnte die Behörde keine Verstöße feststellen. Allerdings gibt es noch einzelne Sachverhalte, denen sie noch vertiefend nachgehen wird.

  

Werden hohe Preise zum Regelfall?

 

Schon zu Beginn der Untersuchung hatte das Bundeskartellamt signalisiert, dass es zwar die Preisspitzen unter die Lupe nehme, eigentlich aber nicht von einer Marktmanipulation ausgehe. Hohe Preise für den Winter 2024/2025 seien zu erwarten gewesen, da dieser der erste mit einem reduzierten Kraftwerkspark gewesen sei. Hinzu kamen noch andere Aspekte, wie eine Händlerin im Gespräch mit energate erläuterte. So seien die Gaspreise relativ hoch gewesen und es habe das seltene Phänomen einer Dunkelflaute gegeben.

 

Momentan seien die Gaspreise wieder auf einem niedrigeren Niveau, so die Expertin weiter. Trotzdem sei nicht auszuschließen, dass es auch in diesem Jahr wieder zu Strompreisspitzen auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr kommen könnte. Abhängig sei das vor allem vom Windangebot. Aber auch das Verhalten der Marktteilnehmer hat sich wohl verschoben. "Der Markt wird viel nervöser reagieren", so die Einschätzung der Händlerin. Dies gelte nicht nur für den Kurzfrist-, sondern auch für den Terminhandel, wie der November-Kontrakt zeige. Dieser notierte an den vergangenen drei Handelstagen oberhalb der 100 Euro.

 

Bislang allein im Oktober 90 Viertelstunden über 200 Euro

 

Auch im kurzfristigen Bereich kommt es aktuell immer wieder zu Preisspitzen. Zwar wurden die Preise mittlerweile auf Viertelstunden umgestellt, was die Vergleichbarkeit erschwert. Gerade in den Abendstunden traten aber sichtbare Preisspitzen auf. So gab es bislang alleine im Oktober (1.10.-22.10.2025) 90 Viertelstunden mit einem Preis oberhalb der 200 Euro/MWh, wie eine Auswertung von energate ergab. 27 dieser Viertelstunden notieren oberhalb der 300 Euro. In der Spitze zahlten Marktteilnehmer im frisch begonnenen Winterhalbjahr an der Epex Spot 508,38 Euro am Abend des 14. Oktober 2025. Bundesnetzagenturpräsident Klaus Müller sieht daher für zukünftige Dunkelflauten "weiterhin einen dringenden Bedarf an neuen steuerbaren Kapazitäten und einer viel stärkeren Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage". Bundeskartellamtspräsident Mundt pocht derweil auf mehr Wettbewerb. Er mahnt, die anstehenden Ausschreibungen für neue steuerbare Kapazitäten müssten unbedingt genutzt werden, um die hohe Marktkonzentration im Stromerzeugungsmarkt zu verringern. /sd

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