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Energiekrise provozierte Fehler beim Einkauf

Hannover (energate) - Viele Energieversorger haben während der Preiskrise nicht richtig gehandelt. Das machte Marc Wiederhold, Geschäftsführer der Getec-Handelstochter EEG Energie- Einkaufs- und Service GmbH, im Interview mit energate deutlich. Auch in schwierigen Zeiten sei es wichtig, sich im Handelsgeschäft gemäß Risikohandbuch und Beschaffungsleitfaden zu verhalten, betonte er. Aber: "Manche haben sich in der Krise nicht an ihre Grundsätze gehalten und gedacht: So hoch waren die Preise noch nie, wir warten mal ein bisschen ab, die werden schon wieder runtergehen." Die Preise seien aber zunächst immer weiter angestiegen. "Darum sieht sich jetzt manch ein Geschäftsführer mit juristischen Forderungen von seinem Arbeitgeber konfrontiert; das geht bis vor die Gerichte", zeigte Wiederhold die Konsequenzen auf.

 

Ein Beispiel dafür sind die Stadtwerke Sigmaringen, hier machte der Aufsichtsrat Schadensersatzansprüche gegenüber einem Ex-Geschäftsführer geltend. Der Grund: Die Stadtwerke hatten zu spät und zu überhöhten Preisen gekauft. In der Folge mussten sie Übermengen an beschaffter Energie am Spotmarkt verkaufen. Auch die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen sehen "persönliches Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter" als einen Grund für die schwächelnde Lage des Unternehmens. Fehlentscheidungen beim Energieeinkauf betreffen aber nicht nur kleinere Stadtwerke. So kann beispielsweise auch die Dortmunder DEW21 ein Lied davon singen.

 

Allerdings: Auch Unternehmen, die sich an die entsprechenden Vorgaben hielten, kamen nicht völlig ungeschoren davon. Wiederhold räumte ein: "Auch wir und unsere Kunden haben die Krise zwar nicht vollständig unangetastet durchfahren, jedoch hielten sich die Verluste in Grenzen, da wir uns gemäß den uns gesetzten Risikorichtlinien verhalten haben." Bei dem Handelsdienstleister EEG sorgte die Krise zudem für Zulauf. Da es keine bezahlbaren Vollversorgungsverträge mehr auf dem Markt gab, hätten sich viele Versorger zwangsläufig mit den Themen strukturierte Beschaffung und Portfoliomanagement beschäftigen müssen, so Wiederhold weiter.

 

Wiederhold verteidigt Netzbetreiber

 

An anderer Stelle brach Wiederhold aber auch eine Lanze für seine Kunden, die kommunalen Unternehmen. Insbesondere die Netzbetreiber stünden vor gewaltigen Investitionen. "Mögliche private Geldgeber wie Allianz oder Blackrock erwarten aber viel höhere Renditen, als die Bundesnetzagentur den Netzbetreibern zugesteht", gab Wiederhold zu bedenken. Ihnen sei der Gürtel "in den letzten Jahren so viel enger gezogen worden, dass es zunehmend tatsächlich bedrohlich ist."

 

Wiederholds Einschätzung teilen indes nicht alle Marktteilnehmer. So rechnete der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) vor, dass die sehr großen Netzbetreiber in den vergangenen Jahren Eigenkapitalrenditen von durchschnittlich 20 Prozent erreichten. In jedem Fall bringt der momentan laufende NEST-Prozess, bei dem die Bundesnetzagentur die Anreizregulierung für Strom- und Gasversorger überarbeitet, weitere Herausforderungen für die Netzbetreiber mit sich. So werden künftig weniger Kosten als "nicht beeinflussbar" anerkannt. Die Bundesnetzagentur macht keinen Hehl daraus, dass sie spezielle Vorgaben für kleine Netzbetreiber für unangebracht hält. Ginge es nach ihr, könnte die Zahl der Netzbetreiber deutschlandweit ruhig schrumpfen. /sd

 

Das ganze Interview mit Marc Wiederhold lesen Sie im Add-on Strom.

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