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Die Idee von der Wüstenenergie lebt

Berlin/Dubai (energate) - Unter dem Schlagwort Desertec träumten Unternehmen in Europa einst vom Bau von Grünstromkraftwerken in Nordafrika. Aus den letztlich gescheiterten Plänen lässt sich für die Zukunft lernen, sagt Cornelius Matthes, Geschäftsführer der DII Desert Energy - etwa wenn es um Wasserstoffimporte geht. Die DII Desert Energy ist Nachfolger der 2009 gegründeten Desertec Industrial Initiative (DII), damals gegründet von Unternehmen und der Desertec-Stiftung. Mit dabei waren unter anderem Eon und RWE sowie die Deutsche Bank, Munich Re und ABB. Erste Parks sollten 2014 stehen. Das Ziel: große Mengen an Solar- und Windstrom aus der Wüste nach Europa zu liefern.

 

Doch das Vorhaben stand unter keinem guten Stern. So gab es zwischen Stiftung und der DII Streit, zwischenzeitlich stiegen mehrere Projektpartner aus unterschiedlichen Gründen aus. Ein weiteres Problem: Die angedachte Technologie, Concentrated Solar Power, setzte sich nicht durch. Der Plan der grünen Wüstenkraftwerke wurde nie Wirklichkeit. 2015 verabschiedete sich die DII schließlich aus Deutschland und verlegte den Sitz nach Dubai. "Gescheitert ist damals eigentlich die hohe Erwartungshaltung und nicht Desertec als grundsätzliche Idee", sagt Matthes im Gespräch mit energate. Die operative Führung hat er von Gründer Paul van Son übernommen, der immer noch DII-Präsident ist.

 

Suche nach Energielieferanten

 

Matthes sieht die Gründe für die Probleme des ersten Desertec-Vorhabens nicht nur bei den Projektpartnern selbst. "Europa hatte damals einen großen Energieüberschuss, das Thema Energiesicherheit spielte noch keine große Rolle." Spätestens mit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich das geändert. Die EU hat ihre Energieverbindungen nach Moskau gekappt und sucht nun händeringend nach neuen Lieferanten für Öl und Gas und zunehmend für grünen Wasserstoff. Damit geraten Nordafrika und der Nahe Osten, die Mena-Region, erneut in den Fokus. Dort herrschen sehr gute Bedingungen für Wind- und Solarenergie und es gibt viele Flächen. Erst Anfang Februar reiste etwa Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Algerien und warb dort für die Idee einer Wasserstoffpartnerschaft.

 

Auf Interessen der Partner eingehen

 

Das Thema Desertec schwebt dabei immer mit, niemand will die Fehler der Vergangenheit wiederholen - doch wie kann das gelingen? "Wir müssen bescheidener auftreten, auf die Wünsche der Partnerländer eingehen, gerade auch was lokale Wertschöpfung angeht", so Matthes. Es funktioniere nicht, wenn die Europäer in ein Land kämen und sagten, so und so habe es zu laufen. Neben Arbeitsplätzen müsse dabei auch eine bessere Stromversorgung vor Ort im Mittelpunkt stehen. Dieser Aspekt spielte in den ursprünglichen Plänen keine große Rolle. "Export macht erst Sinn, wenn das gesichert ist", so der DII-CEO, der selbst Solarprojekte in Nordafrika entwickelt hat.

 

Durch das wiedererwachte Interesse ist auch die DII nach ruhigen Jahren aktiver und geht stärker in die Öffentlichkeit, etwa 2019 mit der Gründung der Mena Hydrogen Alliance. Der Partnerkreis ist inzwischen auf 110 Unternehmen angewachsen, darunter RWE, Eon und Verbund. Die DII versteht sich nun als Thinktank. "Wir machen Studien zu Themen wie Wasserstoff, Batterien oder Energieinfrastruktur wie auch Stromnetzen." Projektentwicklung gehört nicht zum Geschäftsmodell, so wie auch in den Anfängen nicht, wie Matthes betont: "Das wurde, glaube ich, oft missverstanden."

 

Wasserstoff statt Strom

 

Bisher sind die Hoffnungen auf Großprojekte zur Wasserstoffproduktion in Nordafrika oder der arabischen Halbinsel eher zarte Pflänzchen. Ein von der Bundesregierung gefördertes Vorhaben in Marokko kommt seit vier Jahren nicht vom Fleck. In Algerien ist die Entwicklung noch weiter zurück. Die Vereinigten Arabischen Emirate beschlossen im Sommer 2023 immerhin eine Wasserstoffstrategie. Das Land will demnach bis 2031 jährlich 1,4 Mio. Tonnen grünen und blauen Wasserstoff produzieren. Bisher gibt es vor Ort aber nur Pläne für kleine Demonstrationsprojekte.

 

Matthes ist dennoch optimistisch. "Wie es damit vorangeht, zeigen ja allein schon die aktuell 95 Wasserstoffprojekte im Nahen Osten und Nordafrika." In Europa kämen Vorhaben zwar langsamer zu Investitionsentscheidungen als geplant. Für einen neuen Markt sei dies aber nicht ungewöhnlich. "Die nächsten ein, zwei Jahre werden eher mühsam, aber meine Erwartung ist, dass wir 2026 in ein exponentielles Wachstum beim Wasserstoffmarkt kommen", so seine Prognose. /kw

 

Das ganze Interview mit Cornelius Matthes lesen Sie hier.

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