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CBAM stellt Deutsche Emissionshandelsstelle vor neue Herausforderungen

Essen/Berlin (energate) - Mit dem neuen europäischen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) will die EU die heimische Industrie besserstellen und ihr Abwandern verhindern. Im dreijährigen Übergangszeitraum müssen die Einfuhrhändler nur Bericht erstatten, ohne tatsächlich CO2-Zertifikate zu kaufen. Dennoch beklagt die zuständige Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) Anlaufschwierigkeiten. "Wir haben bei Weitem nicht alle erreicht, die Anmelder und Importeure haben aus den verschiedensten Gründen noch nicht alle ersten Berichte abgegeben", sagte DEHSt-Leiter Jürgen Landgrebe im Interview mit energate. Seine Behörde ist federführend für das neue Instrument zuständig - gemeinsam mit dem Zoll.

 

CBAM startete am 1. Oktober 2023. Damit verpflichtet die Europäische Union Unternehmen, die emissionsintensive Waren in die EU importieren, Herkunftszertifikate zu erwerben. So sollen Differenzen zwischen dem im Herkunftsland gezahlten CO2-Preis und dem höheren Preis der Berechtigungen im EU-Emissionshandelssystem ausgeglichen werden. "Es kann im Zweifelsfall jeder verpflichtet sein, der eine Kiste Schrauben importiert", führte Landgrebe aus.

 

Ausweispflicht bereits ab 150 Euro

 

Ausweispflichtig seien demnach Importeure der CO2-intensiven Grundstoffe Zement, Düngemittel, Produkte aus Eisen und Stahl, Aluminium, Strom und Wasser. Der Schwellenwert für ausweispflichtige Produkte liege bei 150 Euro. "Dadurch kommt für uns nochmals eine neue Kundenzahl im fünfstelligen Bereich hinzu", führte Landgrebe aus. Die Grundidee des CBAM ist, dass der gleiche CO2-Preis für importierte und in der EU hergestellte Produkte gilt. Denn Emissionshandel macht die Produktion von emissionsintensiven Gütern innerhalb der EU teurer als außerhalb. Mit dem CBAM schützt die EU ihre Staaten vor Wettbewerbsnachteilen und dem sogenannten Carbon Leakage, also dem Emissionsanstieg durch die Verlagerung industrieller Produktionen ins Ausland mit geringen oder nicht vorhandenen CO2-Preisen.

 

System noch in den Kinderschuhen

 

Das neue System wird seit Oktober 2023 sukzessive eingeführt und soll zunächst die beteiligten Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU schrittweise an die Berichtspflichten und Methoden zur Ermittlung von eingebetteten Emissionen heranführen. "Diese Daten haben auch die Importeure noch nicht in ihren Systemen, die müssen sie ab Juli generieren", so der DEHSt-Chef. Eine Zahlungspflicht besteht bis 2026 nicht. Als ursprünglich erste Frist war der 31. Januar 2024 vorgesehen, technische Probleme verzögerten jedoch den Prozess. Bis zum 31. Juli 2024 können Berichtspflichtige daher noch nachbessern.

 

Zahlreiche "No-Shows" erwartet

 

Die DEHSt bekam zu Weihnachten 2023 die Durchführungsverordnung übertragen. "Wir haben die CO2-Kompetenz, die Daten über die Importeure und die eingeführten Waren liegen aber beim Zoll", sagte Landgrebe über die Aufgabenverteilung. Trotz der verlängerten Frist rechnet Landgrebe mit zahlreichen "No-Shows", sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene. "Da müssen wir zu Detektiven werden", blickte Landgrebe voraus. Hilfe erhofft sich die DEHSt auch durch die Branchenverbände wie BDI und DIHK, diese würden "ihre Pappenheimer" kennen. Sanktionen zwischen 10 bis 50 Euro je Tonne nicht gemeldeter Emissionen seien ab 2026 fällig, bis dahin gelte die Übergangsreglung.

 

Kritik, aber auch Lob aus Industrie

 

Die Einführung des CBAM ist umstritten. Eine österreichische Studie bemängelte zuletzt das klimapolitische Instrument als "Alleingang der EU mit nur wenig Effekt". Statt eines Ausgleichsmechanismus sollte die EU lieber eine klimapolitische Kooperation mit den USA, dem Vereinigten Königreich sowie Kanada und Japan anstreben, hieß es in der Studie. Damit könnten jährlich rund 5,5 Mrd. Tonnen CO2 eingespart werden. Auch der DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sprach sich auf einer Fachkonferenz gegen den CBAM aus. Das Instrument verdeutliche höchstens, dass sich andere Länder von Europa bevormundet und ausgegrenzt fühlten, sagte der Handelskammerchef. "Die Welt motivieren wir nicht, indem wir sagen, wir wollen die Streber sein und sind die Einzigen, die wissen, was wir machen".

 

Anders bewertet die schweizerische Zementindustrie das neue Instrument. Nachdem der schweizerische Bundesrat die Einführung des CBAM abgelehnt hatte, machte sich der Verband der Zementindustrie, Cemsuisse, für ein solches Instrument stark. Sonst drohe die Abwanderung der Industrie ins Ausland, hieß es warnend. Für DEHSt-Leiter Landgrebe lässt sich das Instrument ohnehin noch nicht bewerten: "Das Thema startet jetzt erst richtig." /rh

 

Das vollständige Interview lesen Sie hier.

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