Zum InhaltZum Cookiehinweis

RSS Feed

BNetzA plant neuen Ansatz für Stromnetzentgelte

Bonn (energate) - Die Bundesnetzagentur (BNetzA) will die Netzentgelte für große Stromverbraucher in Zukunft grundlegend anders bestimmen. Die zwischenzeitlich überlegte Einführung eines Grundpreises hat sie verworfen. Stattdessen schlägt die Bonner Behörde vor, die leistungsbezogene Entgeltkomponente hin zu einer Kapazitätskomponente zu modifizieren. Dies geht aus einem neuen "Sachstandspapier" hervor, das sie für den nächsten Expertenaustausch zum Festlegungsverfahren Allgemeine Netzentgeltsystematik Strom (AgNes) veröffentlicht hat.

 

Die neue Komponente soll weder auf eine vertraglich gebuchte Kapazität nach dem Vorbild der Gasnetzentgelte abzielen noch auf die technische Netzanschlusskapazität des Stromverbrauchers. Stattdessen ist die Rede von einer "in hohem Maße frei wählbaren Kapazität" - beispielsweise für den Zeitraum eines Jahres. Der Netznutzer würde ein niedrigeres Arbeitsentgelt (AP1) zahlen, solange er sich in seiner Kapazitätsbestellung bewegt. Kommt er darüber, wird ein höherer Betrag (AP2) fällig.

 

"Zur Vermeidung von Missverständnissen sei klargestellt: Der höhere Arbeitspreis soll nicht die Überschreitung der gewählten Kapazität im Einzelfall sanktionieren oder gar verhindern, sondern lediglich den Auswahlprozess seitens des Netznutzers rationalen Kriterien zuführen", betont die BNetzA. Nicht zu verwechseln sei dieser neue Ansatz zur Finanzierung der Netzkosten mit dynamischen Netzentgelten, die die Behörde ebenfalls prüft. Damit will sie Anreize für netzorientiertes Nutzungsverhalten setzen.

 

Jahreshöchstlast kommt aus der Mode

 

Bisher orientieren sich die Netzentgelte an der Jahreshöchstlast der Netznutzer. Mit dem neuen Ansatz werde den Bedenken der Industrie Rechnung getragen, heißt es in dem Papier. Damit ließen sich konjunkturelle Schwankungen besser abbilden. In einer ersten Bewertung ordnete Matthias Koch von der Kanzlei Rödl & Partner im Gespräch mit energate die Folgen ein: "Die Komplexität dürfte erheblich zunehmen. Es werden viele Fragen sowohl auf Seite der Netzbetreiber als auch der Verbraucher aufkommen." Darf ein Verbraucher tatsächlich seine Kapazität frei wählen und sein Unternehmen damit womöglich optimieren oder hat der Netzbetreiber hier Einflussmöglichkeiten? Für den Verbraucher selbst werde womöglich die Planung der zukünftigen Produktionskosten komplizierter, da er für seinen Strombezug die unterschiedlichen Preisbestandteile Kapazitätspreise und Arbeitspreise sowie die beiden unterschiedlichen Arbeitspreise beachten muss.

 

Die Bundesnetzagentur regt in dem Papier bereits ein "möglichst einfaches Rechentool" an. Auch stellt sie sich in dem Papier schon die ersten Fragen. Unter anderen, ob zur Abgrenzung der bisherige Wert von 100.000 kWh noch sachgerecht ist und ob die Bestellung einer Mindestkapazität sinnvoll wäre?

 

Prosumer sollen mehr zahlen

 

Auch bei den Haushalten und Gewerbekunden muss sich nach Ansicht der BNetzA etwas tun. Durch den Zubau von Solaranlagen sparen sich Prosumer Netzentgelte. Die Netzkosten verringern sich indes nicht, weil sich die Verbraucher auf die "Versicherungsleistung" des Stromnetzes verlassen. Die Regulierungsbehörde hatte bereits in ihrem ersten Diskussionspapier einige Vorschläge dazu gemacht.

 

Für saisonale Entgelte - höhere Arbeitspreise im Winter, niedrigere im Sommer - nennt sie im neuen Papier einige Gegenargumente. Dadurch würde nicht nur die Komplexität im Rahmen der Abrechnung gesteigert, sondern auch das Heizen mit Strom zusätzlich belastet. Die beiden weiteren Optionen sind ein höherer Grundpreis für Prosumer oder ein Kapazitätspreis für alle Kunden in der Niederspannung ähnlich dem skizzierten Modell auf den höheren Spannungsebenen. Schon heute sieht die Behörde große Unterschiede bei den Verteilnetzbetreibern, wie sie Grund- und Arbeitspreise ausgestalten. Bisher treffen hier wenig Beschwerden ein, aber trotzdem fragt sie sich, ob die freie Bestimmung weiterbestehen soll oder nicht.

 

Baukostenzuschüsse und Einspeiseentgelte weiter in Überlegung

 

Der Vorstoß, Einspeiser und Speicher an der Netzfinanzierung zu beteiligen, ist nicht Thema des neuen Sachstandspapiers. Aber die Überlegungen seien hier nicht abgeschlossen, heißt es aus Bonn. Auch die Erhebung von Baukostenzuschüssen, die schon einige Kritik hervorgerufen hat unter Speicherbetreibern, wird auf zwei Seiten thematisiert - ohne eine genaue Stoßrichtung erkennen zu lassen. Die BNetzA fragt, ob eine Pflicht dazu kommen soll und ob Pauschalen oder eine komplizierte Bemessung am Einzelfall sinnvoller sei. Viel Gesprächsstoff also für den nächsten Expertenaustausch in Bonn am 2. Dezember. 

 

Das Papier ist auf der Internetseite der Behörde einsehbar, ebenso wie die Agenda des Workshops. /mt

Zurück