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BNetzA: Flexibilität entscheidend im H2-Hochlauf

Göttingen (energate) - "Flexibel bleiben", so lautete das erste Zwischenfazit von Barbie Kornelia Haller, Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, zum Auftakt der 16. Göttinger Energietagung. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) und das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN) hatten in die niedersächsische Universitätsstadt eingeladen, um über das "H2-Puzzle" zu diskutieren. Wie können die Puzzleteile für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft richtig gesetzt werden, lautete die Fragestellung.

 

Mit dem Kernnetz-Beschluss sei eine wichtige Leitplanke gegeben, so Haller. Das Hochlaufentgelt hänge ein erstes Preisschild an die Entwicklung. "Ich glaube aber, dass die Ecken noch nicht alle da sind", so Haller mit Blick auf die ersten Schritte des Puzzlespiels. So zeige der gemeinsame Szenariorahmen für die Netzentwicklungsplanung Strom, Gas und Wasserstoff eine große Bandbreite der möglichen, zukünftigen Entwicklung. Der Trichter sei sehr weit geworden. Die BNetzA sehe sich daher in der Rolle: "Moderation unter Unsicherheiten".

 

Unsicherheiten haben zugenommen

 

Benjamin Pfluger, Leitung Integrierte Energieinfrastrukturen der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologie (IEG), umriss das mit Zahlen. Lagen im Jahr 2021 die Prognosen zum zukünftigen Wasserstoffbedarf noch zwischen 400 und 800 TWh, seien es heute 300 bis 1.300 TWh. "Die Unsicherheiten haben eher zugenommen als abgenommen", so Pfluger. Das liege unter anderem auch daran, dass sich die Frage "machen wir das mit Wasserstoff" mittlerweile verschoben habe zu: "Machen wir das in Deutschland mit Wasserstoff?"

 

Ein weiteres Problem sei die Abstimmung im unbundelten Energiemarkt. Die Regelwerke seien auf entwickelte Märkte ausgelegt, der Wasserstoffmarkt dagegen entstehe quasi auf der grünen Wiese. So löse das Wasserstoff-Kernnetz zwar ein wichtiges Henne-Ei-Problem, sei aber angesichts der schleppenden Bedarfsentwicklung absehbar "zu früh zu groß" geplant worden. Nach dem anfänglichen Wasserstoff-Hype mit seinen überzogenen Erwartungen gehe es jetzt ins Tal der Enttäuschungen, dessen Sohle Pfluger noch nicht erreicht sieht.

 

In Flexibilitäten denken

 

Optimistischer gab sich Nathalie Leroy, CFO des Fernleitungsnetzbetreibers OGE: "Wir sind schon im Tal der Enttäuschungen angekommen", stellte sie fest. Sie hoffe aber, dass es nun bald auf den Pfad der Erleuchtung gehe, die Entwicklung wieder Schwung aufnehme. Gleichwohl räumte auch sie die großen Unsicherheiten beim Markthochlauf ein. Das Kernnetz sei heute mit einer Ausspeisekapazität von 87 GW geplant. Je nach NEP-Szenario könnte die weitere Entwicklung auf 109 oder 121 GW ansteigen, aber auch auf 13 GW fallen. "Keiner hat hier die Lösung. Wir müssen in Flexibilitäten denken", so ihr Plädoyer.

 

"Das heißt nicht, dass wir uns Zeit lassen können", so Leroy weiter. Was auch Benjamin Pfluger in seinem Vortrag betonte: "Wir können Entscheidungen nicht beliebig auf die lange Bank schieben." Die Politik wolle gerne No-regret-Maßnahmen haben, aber Fehler würden sich nicht verhindern lassen. Die OGE-CFO wies darauf hin, dass der Netzbetreiber mit Get H2 bereits ein erstes Projekt in die Umsetzung bringe. "Wir brauchen jetzt die anderen Player, die anderen Puzzleteile."

 

"Es fehlt das Commitment der Kunden"

 

Ein Puzzleteil des Hochlaufs ist die Produktion von grünem Wasserstoff. Shell hat am Standort der Raffinerie Rheinland die Investitionsentscheidung für eine 100-MW-Elektrolyse getroffen, erläuterte Lena Karras von der Shell Deutschland GmbH. Auf EU-Ebene gebe es endlich klare und machbare Regeln für die Produktion von grünem Wasserstoff und auch die Möglichkeit zur Zertifizierung. Die Möglichkeit zur Anrechnung auf die THG-Quote sowie Kernnetz und Hochlaufentgelt seien weitere wichtige Puzzleteile, die für die Planbarkeit hilfreich seien.

 

Nachbesserungsbedarf sieht Karras dagegen bei den "rigiden EU-Vorgaben" zu den Kriterien für grünen Wasserstoff, die den systemdienlichen Einsatz der Elektrolyse verhinderten und die Produktion um 2,40 Euro/kg verteuerten. Auch wenn das Projekt "REFHYNE II" mit der Rheinland-Raffinerie einen Ankerkunden habe, gebe es ein Nachfrageproblem für den grünen Wasserstoff. "Es fehlt das Commitment der Kunden", so Karras. Zudem sei beim Kernnetz immer noch nicht ganz klar, wann genau was kommt. "Wann schließen sich die einzelnen Cluster zusammen? Wann komme ich mit meinem Wasserstoff von Cluster A nach Cluster C?"

 

Vonseiten der Fernleitungsnetzbetreiber sicherte Barbara Fischer, Geschäftsführerin des FNB Gas, zu, dass durch den mit dem Kernnetz gestarteten Prozess der Netzentwicklungsplanung der Ablauf erkennbar werde. Die Maßnahmen würden weiter aktualisiert und die Kapazitäten in den Clustern ausdifferenziert. /tc

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