BMWE schlägt Regeln für Gasverteilnetzausstieg und H2-Einstieg vor
Berlin (energate) - Nach langem Warten gibt es erste Details zum regulatorischen Rahmen des Gasnetzausstiegs und der Wasserstoffnetzplanung. Der energate vorliegende 285 Seiten lange Referentenentwurf zur EnWG-Novelle trägt das Datum 18. September und kursiert wohl seit der vergangenen Woche in Berlin. Netzbetreiber sollen in Zukunft einen Entwicklungsplan für das Gasverteilnetz oder Teile eines solchen Netzes erstellen. Dies ist zumindest immer dann vorgesehen, wenn eine Umstellung oder eine Außerbetriebnahme notwendig wird. Davon müssen die Unternehmen laut Entwurf ausgehen, "wenn eine dauerhafte Verringerung der Erdgasnachfrage in den nächsten zehn Jahren zu erwarten ist".
Die EnWG-Novelle setzt alle Vorgaben für Gas- und Wasserstoffnetzbetreiber aus der europäischen Gas- und Wasserstoffrichtlinie um. Die Richtlinie ist bereits seit dem vergangenen Jahr in Kraft, die Umsetzung in deutsches Recht muss bis zum 6. August 2026 erfolgen. Regelungen für die Umstellung und Stilllegung von Gasverteilnetzen gehören zu den zentralen Regelungsinhalten. Neben Gasverteilernetzentwicklungsplänen müssen auch die Betreiber von Wasserstoffverteilernetzen entsprechende Entwicklungspläne erstellen. Diese Pflicht beginnt, sobald der Beschluss zur Errichtung eines solchen Netzes gefallen ist. Betreiber benachbarter Netzgebiete können diese Pläne gemeinsam erstellen. Sie sind alle vier Jahre zu aktualisieren, auch eine zweijährige Aktualisierung ist möglich.
Zuständigkeit bei BNetzA und Landesbehörden
In dem Gesetzesentwurf sind die Anforderungen an die Planungen genauer beschrieben. Sie müssen sich über einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren erstrecken und unter anderem die kommunalen Wärmepläne sowie nationale Energie- und Klimapläne berücksichtigen. Wer welche Pläne genehmigen muss, ist noch nicht abschließend klar. Die Regelungen dazu in dem Entwurf stehen in eckigen Klammern, ein Symbol für weiter bestehenden Abstimmungsbedarf. Vorgesehen ist aktuell eine Prüfung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) bei mehr als 200.000 unmittelbar angeschlossenen Kunden und ansonsten eine Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden.
Informationspflicht von zehn Jahren
Die Erstellung der Netzentwicklungspläne hat auch Konsequenzen für den Netzanschluss von Gaskunden. Der kann bis zur Bestätigung eines Netzentwicklungsplans verweigert werden, wenn dieser Plan die Stilllegung der Gasleitung vorsieht, an die der Anschluss erfolgen soll. Im Fall einer geplanten Verteilernetz-Stilllegung müssen Anschlussnehmer spätestens zehn Jahre vor dem geplanten Termin informiert werden, dass ihr Anschluss vom Netz getrennt wird. Auch diese Zahl steht in eckigen Klammern. Verteilnetzbetreiber wie die Stadtwerke Essen hatten vor einer solch langen Frist gewarnt. "Wenn ich 2027 ankündigen muss, dass ich 2037 ein Netz stilllegen will, dann geht das völlig an der Praxis vorbei", so der Stadtwerke-Chef Frank Pieper. Maximal fünf Jahre dürfen es in seinen Augen sein, besser noch drei oder vier. Auf der Fernleitungsebene verkürze sich diese Frist laut Entwurf auf fünf Jahre. Im Fall einer Stilllegung will der Gesetzgeber einen Rückbau möglichst vermeiden. Deshalb müssen Grundstückseigentümer in der Regel eine stillgelegte Leitung weiter dulden.
Amortisationskonto für H2-Verteilnetz wohl unwahrscheinlich
Wenig Begeisterung dürften bei den Verteilernetzbetreibern die Vorschläge für die Entgeltbedingungen auslösen. Die Netzbetreiber hatten auf ein Finanzierungskonzept gehofft, bei dem - analog zum Wasserstoff-Kernnetz - der Bund zumindest einen Teil der Risiken beim Markthochlauf übernimmt. In dem Entwurf findet sich nun allein der Hinweis, die BNetzA könne in der Markthochlaufphase ein nicht kostendeckendes Entgelt ermöglichen, wenn die Mindereinnahmen in einer späteren Phase bei der Entgeltbildung berücksichtigt werden. Aber die dadurch entstehenden Risiken müssen die Netzbetreiber wohl allein tragen.
Netzanschlusskosten für Biomethan ändern sich
Auch für die Projektentwickler von Biomethananlagen enthält der Gesetzesentwurf eher schlechte Nachrichten. Die Regelungen aus der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) zur Kostenverteilung des Netzanschlusses solcher Anlagen werden nicht verlängert. Nur wenn der Anschlussnehmer bis zum 30. Juni 2026 die notwendige Vorauszahlung geleistet hat, gelten noch die Regeln der GasNZV. Dann trägt der Netzbetreiber in der Regel 75 Prozent der Netzanschlusskosten und wälzt diese Kosten über die Biogasumlage auf die Endkunden.
Unbundling für Wasserstoff entscheidet BNetzA
Die Novelle enthält eine Vielzahl weiterer Regeln unter anderem zur Trennung von Wasserstoff- und Erdgasnetzbetrieb oder dem regulierten Netzzugang für Wasserstoffspeicher. Für Wasserstoffverteilernetzbetreiber gilt - analog zu den Gasverteilernetzen - die De-minimis-Regel von 100.000 Kunden für Ausnahmen bei den Entflechtungsregeln. Bei Wasserstofftransportnetzen wird die BNetzA entscheiden, ob der Betrieb rechtlich von dem Erdgasnetzbetrieb getrennt werden muss. Dies ist von den Ergebnissen einer entsprechenden Kosten-Nutzen-Analyse abhängig, die von den Netzbetreibern vorzulegen und von der Behörde zu akzeptieren ist.
Mit dem Entwurf wird auch eine Regelung aus der Richtlinie umgesetzt, die Lieferverträge für fossiles Erdgas betriff. Sie dürfen maximal bis zum 31. Dezember 2049 laufen, es sei denn, die Abscheidung und Speicherung des CO2 ist sichergestellt.
Noch hat die Konsultation des Entwurfs wohl nicht offiziell begonnen. Aber - dies bestätigen mehrere Quellen - der 10. Dezember ist schon als Termin reserviert, an dem das Bundeskabinett den Entwurf verabschieden soll. /hl