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Biomethanmarkt muss sich neu aufstellen

München (energate) - Am deutschen Biomethanmarkt ist die Lage weiter schwierig. Die Branche hat einige Schicksalsschläge durchgemacht in den letzten Jahren. Dazu gehörten Insolvenzen großer Player und ein damit einhergehender Vertrauensverlust vonseiten der Kunden. "Der Biomethanhandel hat viel Vertrauen verloren, nicht zuletzt durch fehlende Markttransparenz, einseitige Risikoverteilung und regulatorische Lücken", blickte John Cosmo Dwelle, Geschäftsführer bei Anew Climate, im energate-Interview zurück. Sein Unternehmen ist noch recht frisch auf dem deutschen Biomethanmarkt. Es kommt aus Amerika und hatte Anfang des Jahres die Verträge der insolventen Landwärme übernommen.

 

Langfristverträge haben ausgedient

 

Im September war Dwelle, von Siemens France kommend, bei Anew Climate eingestiegen. Mit dem Unternehmen hat er große Pläne, nicht nur für Deutschland. "Wir wollen die führende Plattform für alle werden, die Interesse an der wirtschaftlichen Produktion oder Nutzung von Biomethan und anderen erneuerbaren und CO2-armen Brennstoffen haben", kündigte er an. Damit der deutsche Markt an Fahrt aufnimmt, brauche es aber auch strukturelle Veränderungen und neue Produkte. Denn das Risikobewusstsein der Kunden sei durch die Krisen deutlich gestiegen und damit auch der Handel ein Stück weit zum Erliegen gekommen.

 

An der Stelle seien eben auch die Händler gefragt. "Pauschale Langfristverträge sind spätestens seit der Invasion Russlands in der Ukraine nicht mehr zeitgemäß", fand Dwelle deutliche Worte. Was es stattdessen brauche, seien flexible Modelle mit Preisgleitklauseln und Indexierungen, welche die Marktdynamik abbilden. "Wer heute noch auf starre Strukturen setzt, ignoriert die Realität", so der Unternehmenschef.

 

Stärkere Risikoverteilung dank Investor

 

Dwelle will deswegen einige Dinge grundlegend ändern, dazu gehört vor allem die Risikoverteilung. "Während andere Marktteilnehmer mit Klumpenrisiken gestrauchelt sind, setzen wir auf ein robustes Risikomanagement", erklärte er. Geschäfte von Anew Climate seien systematisch in alle Richtungen abgesichert. Dabei macht sich das Unternehmen auch die Erfahrung aus Nordamerika in der Vermarktung von Biomethan, Bio-LNG und anderen nachhaltigen Kraftstoffen sowie THG-Quoten zunutze. Hinter dem US-amerikanischen Unternehmen mit Sitz in Texas steht das globale Investmentunternehmen TPG Rise. Laut Dwelle ist dies ein strategischer Vorteil. "Wir können langfristig denken, auch wenn der Markt kurzfristig schwankt."

 

Hoffnung liegt auf maritimem Markt

 

Ein langer Atem ist wohl auch nötig. Denn dass sich die Lage im deutschen Biomethanmarkt kurzfristig erholt, daran glaubt bei allem Optimismus kaum ein Akteur. Gleichwohl gab es zuletzt aus Brüssel und Berlin positive Signale für die Branche. Das Biomassepaket ist ein Beispiel dafür. "Es gibt mehrere strukturelle und politische Entwicklungen, die Hoffnung auf einen dynamischen Hochlauf machen", meinte auch Dwelle. Großes Potenzial sieht er für die Zukunft weiterhin im Kraftstoffmarkt. Positiv auswirken könnte sich zudem die zunehmende Rolle von LNG als globalem Energieträger in Deutschland und der EU, weil es neue Märkte und Handelsstrukturen eröffne. Ein weiteres Zukunftsgeschäft sind Dwelle zufolge maritime Anwendungen, die durch die Verordnung Fuel EU Maritime an Relevanz gewinnen. Auch andere Biomethanexperten, wie Henning Dicks, Geschäftsführer von Agriportance, sehen hier neue Potenziale für deutsche Produzenten.

 

Regulatorische Herausforderungen bestehen weiterhin

 

Trotz dieser ersten Hoffnungsschimmer sieht Dwelle insgesamt noch große Herausforderungen zu bewältigen. "Ohne Harmonisierung des EU-Binnenmarktes, Technologieneutralität oder vereinfachte Genehmigungsverfahren bleibt das Wachstumspotenzial begrenzt", räumte er ein. Der regulatorische Rahmen für Biomethan habe sich zwar weiterentwickelt, bleibe aber zu kompliziert und zu langsam. So reichen die geringen Quoten, welche die RED III vorsieht, seiner Meinung nach für einen wirksamen Markthochlauf nicht aus. "Wir brauchen mindestens drei Prozent Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe ab 2026 und 4,5 Prozent bis 2030", sagte Dwelle.

 

Auch in Sachen Betrugsprävention sieht der Biomethanexperte noch Nachholbedarf. "Der Vertrauensschutz nach Paragraf 17 Biokraft-NachV schützt aktuell die Falschen", konstatierte Dwelle. Solange gefälschte Zertifikate den Markt weiter verzerren könnten, würden ehrliche Unternehmen ausgebremst und sinnvolle Investitionen in den Klimaschutz zurückgehalten. Das Bundesumweltministerium hat das Thema bereits auf dem Schirm und einen entsprechenden Referentenentwurf zur Novellierung der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung und der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung erarbeitet. Dieser liegt seit Anfang September vor. /ml

 

Das komplette Interview mit ​John Cosmo Dwelle, Geschäftsführer von Anew Climate, lesen Sie im heutigen Add-on Gas & Wärme.

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