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Bieterkampf in der Biomasse-Ausschreibung absehbar

Bonn (energate) - Der Wettbewerb in der Biomasse-Ausschreibung zum Stichtag 1. Oktober wird hart werden. Trotz der kurzfristigen Aufstockung des verfügbaren Volumens von 363 auf 813 MW rechnet die Initiative Flexperten mit einer 1,2 bis 1,5-fachen Überzeichnung, andere Marktteilnehmer mit noch mehr. "Das Bewerberfeld ist mindestens zweigeteilt", sagte Uwe Welteke-Fabricius, Sprecher der Flexperten, im energate-Interview. Die Initiative empfiehlt Biogasbetreibern seit Jahren, ihre Anlagen zu sogenannten Speicherkraftwerken zu flexibilisieren.

 

Mit dem bereits im Januar beschlossenen und erst kürzlich von der EU-Kommission genehmigten Biomassepaket kommt der Umbau der Anlagen in Welteke-Fabricius Augen "nun endlich in Gang". Zum einen durfte die Bundesnetzagentur die Ausschreibungsmenge zum Stichtag 1. Oktober mehr als verdoppeln. Zum anderen verbessern sich die Förderbedingungen für flexible Biogasanlagen. Bestehende Anlagen erhalten eine zweite Chance mit einer Anschluss-Förderung über zwölf Jahre. Gleichzeitig werden Investitionen in die Flexibilität mit jährlich 100 Euro pro kW pro Jahr bezuschusst. In den Augen der Flexperten eine überfällige Anpassung, da der aktuelle Wert von 65 Euro noch aus der Zeit vor der Inflation und sehr niedriger Zinsen stammt.

 

Zeitdruck für alle

 

Das Biomassepaket gilt vorerst nur für die Jahre 2025 und 2026. "Danach kehrt die Ungewissheit zurück", erläuterte Weltecke-Fabricius. Wer sich schon auf die flexible Fahrweise vorbereitet hat, werde daher vorzeitig Gebote für die zweite Förderperiode abgeben. Andere dürften sich hauptsächlich den etwas höheren Maisdeckel sichern, der ab dem Jahr 2026 von heute 35 auf 25 Prozent sinkt. "Deswegen rechnen wir damit, dass etliche Anlagen mit EEG bis 2029 schon vorgezogen an diesem 1. Oktober ins Rennen einsteigen", so der Flexperten-Sprecher.

 

Auf der anderen Seite stehen die Unternehmen, deren EEG-Förderung dieses oder nächstes Jahr ausläuft und die bei der letzten Auktion leer ausgingen. Zum 1. April hatte die BNetzA nur 187 MW ausschreiben dürfen, weil damals noch die Genehmigung der EEG-Förderung durch Brüssel fehlte. "Die Unternehmen stehen unter großem Druck, einen Zuschlag zu bekommen, sonst drohen Stilllegungen. Hunderte Wärmenetze werden ohne Wärmequelle dastehen", sagte Weltecke-Fabricius.

 

Flexibilisierung kostet Zeit

 

Diejenigen, die einen Zuschlag ergattern, können aber nicht alle automatisch aufatmen. Denn die Unternehmen, die noch mit den alten Konditionen ohne die EEG-Änderungen kalkulierten und sich noch nicht ausreichend auf die Flexibilisierung vorbereitet haben, bekommen ein Problem. Zwar werden die Zuschüsse für die Überbauung der Anlagen mit mehr Leistung höher, womit sich mehr Strom in lukrativen Stunden erzeugen lässt. Auf der anderen Seite sinken aber die geförderten Betriebsstunden auf maximal 2.920 Stunden. Ziel ist, dass die Biogasanlagen nicht als Dauerläufer das Stromnetz verstopfen und nur noch in Stunden mit wenig Wind- und Solarstrom laufen.

 

Das Problem: Der Umbau kostet Zeit. Theoretisch müssten die Betreiber nach dem 1. Januar 2026 innerhalb von zwei Monaten die höhere Leistung nachweisen, mit Pönale spätestens nach sechs Monaten. "Es ist aber technisch unmöglich, auf die Schnelle beispielsweise ein oder zwei MW zuzubauen - das ist sogar bis Januar 2027 schon kaum noch möglich", warnt der Flexperten-Sprecher. Gemeinsam mit anderen Bioenergieverbänden trommelt das Netzwerk daher für eine Übergangsregelung, damit die Anlagen nicht ganze zwölf Jahre auf die bisherige BHKW-Leistung reduziert bleiben. Mit mehr Biogas könnte der teure Zubau der Erdgaskraftwerke reduziert werden, lautet ihr Argument.

 

Große Player gut vorbereitet

 

Einer der größten Biogasanlagenbetreiber, die Leipziger VNG hatte sich mit ihrer Tochter Balance auf beide Optionen vorbereitet. Sie sei auf eine Ausschreibung zu den alten Konditionen und mit angepasster EEG-Förderung eingestellt, wie ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage bestätigt. Ob durch das neue Regime jetzt ein großer Investitionsschub Richtung flexibler Fahrweise ausgelöst wird, beantwortete der Sprecher so: "Balance flexibilisiert ihre Anlagen schrittweise, wo dies möglich ist". Der Ansatz weiche aber von der reinen Vor-Ort-Verstromung ab.

 

Richtig zufrieden mit den EEG-Anpassungen ist die VNG aber nicht. Das neue EEG lasse mit seinen sehr engen Förderbedingungen wenig unternehmerische Freiheiten zu. "Langfristig ist dies nicht wirtschaftlich", so der Unternehmenssprecher. Für Investitionen in die Überbauung, also BHKW-Leistung und Wärme- und Gasspeicher, brauche es einen noch höheren Flexzuschlag über 120 Euro pro kW und eine höhere Mindestvergütung (19 Cent/kWh). Ebenso sei der Maisdeckel eine Überregulierung, da die Beschränkung durch Nachhaltigkeitsnachweise und THG-Minderung ohnehin angereizt werde.

 

LEE fordert langfristige Perspektive

 

Mit dieser Position ist der Versorger nicht allein. Auch der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen Bremen fordert eine längere Perspektive. Bei der anstehenden Änderung des EEG sei eine Verlängerung des Biomassepakets daher zwingend erforderlich. "Ansonsten bleiben die verbesserten Bedingungen nur für das Jahr 2026 wirksam und es droht eine weitere Hängepartie", sagte die Verbandsvorsitzende Bärbel Heidebroek. Sie argumentiert neben den Vorteilen für das Energiesystem auch mit den Einnahmen und den Arbeitsplätzen. "Schon heute zählen Biogasanlagen in vielen Kommunen zu den größten Gewerbesteuerzahlern".

 

Ein zweites Problem neben dem unsicheren Förderrahmen ist der Stromnetzanschluss. Viele Biogasanlagen stehen in ländlichen Regionen, wo Netzkapazitäten häufig begrenzt sind. "Ohne beschleunigte Genehmigungsverfahren, Investitionen in Netzverstärkungen und eine bessere Koordination zwischen Anlagenbetreibern und Netzbetreibern droht das Potenzial des Biomassepakets nicht vollständig gehoben werden zu können", sagte der Geschäftsführer von Agriportance, Henning Dicks zu energate. /mt

 

Das vollständige Interview lesen Sie im heutigen Gas- und Wärme-Add-on.

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